Johannes Anders
Musik - Journalist

CHRISTY DORAN

 Text und Fotos von Johannes Anders

Christy DoranChristy Doran wurde 1949 in Dublin/Irland geboren. Mit 11 Jahren übersiedelte er mit seiner Familie nach Luzern, wo er seither lebt. Erste Berührung mit Musik durch den Vater (Balladensänger). Aufgewachsen in den 60er vor allem mit der Musik von Jimi Hendrix und John Coltrane. 1969/70 Mitglied u.a. bei der "Jazz-Rock-Experience" mit Bruno Spöerri und Hans Kennel. 1972 – '82 Gründungsmitglied der Electricjazz-Gruppe "OM" (mit Bobby Burri, Urs Leimgruber und Fredy Studer). Unzählige Solo- und Duo-Konzerte mit diversen Musikern der internationalen Szene. 1972 Mitbegründer der Jazzschule Luzern (heute Musikhochschule Luzern, Fakultät III), wo er seither unterrichtet. 1984 Gründung des Septetts "Christy Doran's May '84" mit Norma Winstone, Trilok Gurtu, Urs Leimgruber, Rosko Gee, Dom Um Romao und Dave Doran. 1985 bis '87 Mitglied des Trio´s "Red Twist & Tuned Arrow" mit Fredy Studer und Stephan Wittwer. Mitbegründer der Band Doran/Studer/Burri/Magnenat". Ab 1989 Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Posaunisten Ray Anderson, die zum Trio ANDERSON-DORAN-BENNINK führte. Seit 1993 spielt Doran mit dem amerikanischen Flötisten Robert Dick und dem englischen Drummer Steve Argüelles im Trio “A.D.D.“. 1993 – '96 "DORAN/STUDER/MINTON/BATES/ALI play the music of JIMI HENDRIX". 1994 setzen Doran und Fredy Studer ihr Projekt mit der Doppel-Bass-Besetzung Jamaaladeen Tacuma (e-bass) und Jean-Francois Jenny-Clark (ac.-bass) fort. 1997 Gründung der Band "Christy Doran´s NEW BAG" mit Bruno Amstad, voice, Fabian Kuratli, drums, und Wolfgang Zwiauer, e-bass, die durch den südindischen Mridangam-Spieler Muthuswamy Balasubramoniam und den Keyboarder Hanspeter Pfammatter erweitert wird. Doran's aktuelle Gruppen sind neben “NEW BAG" die Band “MOVIN´ ON“ mit Bruno Spoerri, Reto Weber und Albert Mangelsdorff,  Reto Weber´s Percussion Orchestra meets Phong Lan Orchestra/Vietnam, Maurice Magnoni´s "Sskies", sowie das neue akustische Trio mit Heiri Känzig und Fabian Kuratli. (CDs unter eigenem Namen u.a. mit Ray Anderson, Marty Ehrlich, Hank Roberts, Gary Thomas, Mark Helias, Bobby Previte, Phil Minton, Django Bates, Jamaaladeen Tacuma, Airto Moreira, Fredy Studer.)


JOHN MC LAUGHLIN:

WHERE FORTUNE SMILES ("Hope", rec. 1971. John McLaughlin, g, John Surman, sax, cl, Karl Berger, vib, Dave Holland, b, Stu Martin, dr. Dawn-LP).

CD: Das ist Surman mit McLaughlin, eine schräge, wilde Platte, ist mir noch sehr präsent, wie übrigens auch die frühere LP „Extrapolation“, auch mit McLaughlin, Surman und Holland, aber mit Tony Oxley. Aber dies hier ist eine spezielle Platte, auch wegen des Gitarrensounds, ein nach wie vor spannendes Beispiel für den damaligen Aufbruch.  


EGBERTO GISMONTI:

SANFONA ("De Repente", rec. 1981. Gismonti, Solo Guitar. ECM-2LP).

CD: Ist es nicht Ralph Towner..., nein, dann muss es Gismonti sein. Gefällt mir sehr, ist ein grossartiger Musiker mit einer Irrsinnstechnik, hat ein ganz spezielles Gitarrenspielkonzept und einen totalen Sound. Ich dachte kurz an Towner wegen der 10 String Guitar. Gismonti spielt aber kräftiger. 


Christy DoranSTEPHAN WITTWER:

WORLD OF STRINGS ("Down Home", rec. 1989. Stephan Wittwer, Solo Guitar. Intakt-CD).

CD: Ich weiss schon wer das ist, aber der Name kommt mir nicht in den Sinn, wenn es überhaupt der ist, den ich meine. Ein stückweise sehr interessantes, gutes und wichtiges Beispiel für die Erforschung des Instruments und seiner Klangmöglichkeiten, jedoch ein Konzept, das heute eigentlich passé ist. (Nach Bekanntgabe:) Ich hätte Stephi schon erkannt, ging aber davon aus, dass Du mir keine Schweizer Musiker vorspielen würdest. Stephi war für mich ein recht grosser Einfluss. Das Zusammenspiel mit ihm in der Gruppe "Red Twist & Tuned Arrow" bedeutete für mich eine ziemliche Herausforderung und seine Stücke waren recht anspruchsvoll. Er ist ja ein sehr guter Komponist und übrigens auch ein sehr präziser Interpret und Leser. Stephi hat eine ganz eigene Ästhetik, bei der die Welt der Klänge und nicht Technik im Vordergrund stehen. Die eben gespielte CD gebe ich übrigens jeweils meinen Schülern, die sich sonst solche Musik nicht anhören. Im Rahmen des Lucerne Festival "Sommer" 2002 werden Stephi und ich zusammen mit der Basel Sinfonietta im KKL eine Komposition der zeitgenössischen österreichischen Komponistin Olga Neuwirth aufführen, ein 15minutiges Werk , dass voll ausgeschrieben ist und bei dem auch Klänge und Lautstärkedichten eine grosse Rolle spielen.


JULIAN BREAM:

ETUDE No.5, 1929 / HEITOR VILLA LOBOS, 1887-1959 ("20th CENTURY GUITAR", rec. ca.1968. Julian Bream, g. RCA-LP).

CD: Das ist natürlich ein klassisch ausgebildeter Gitarrist. Aber von der Musik her..., es geht mir zu sehr ins Klassische, ist von der Harmonik her zu traditionell, hat zuwenig Überraschungen. Ich war ja drei Jahre am Konsi und habe natürlich auch derartige Sachen gespielt, hatte aber nie Ambitionen zum klassischen Gitarristen. Aber die Musik gefällt mir schon. Mit meinen Schülern spiele ich zum Beispiel die "Quatre pièces brèves" von Frank Martin, die ja auch auf dieser Platte sind.  


JIM HALL:

DEDICATIONS & INSPIRATIUONS ("João", rec. 1993. Jim Hall, guitars and effects. Telarc-CD).

CD: Das ist Jim Hall. Er hat einen ganz eigenen Sound und seine Impros sind ganz speziell. Man denkt jeweils, er habe schon alles gespielt, aber immer wieder gibt es Überraschendes, Quirliges; das ist schon verblüffend. Er ist ja Vorbild ganzer Generationen von Jazzgitarristen und es ist gut, dass seine Soli an den Jazzschulen nachgespielt werden, denn dabei kann man viel lernen.


JOHN SCOFIELD:

LIVE ("Softly As In A Morning Sunrise", rec. 1977. John Scofield, g, Richie Beirach, p, George Mraz, b, Joe LaBarbera, dr. ENJA-LP).

CD: Das ist Scofield, ganz eindeutig, seine typischen Leitern und Läufe, die unverkennbaren Linien, sein Sound, das bluesig-rockige Feeling...


ATTILA ZOLLER:

THE HORIZON BEYOND ("Ictus" / C. Bley, rec. 1965. Attila Zoller, g, Don Friedman, p, Barre Phillips, b, Daniel Humair, dr. ACT-CD). 

CD: Ich weiss nicht, ob Derek Bailey mal so gespielt hat...Es gefällt mir sehr, ein schwieriges Konzept mit diesem unheimlich schnellen Tempo, dass der Gitarrist aber gut beherrscht. (Nach Bekanntgabe:) Wow, das ist eine rechte Überraschung. Habe ihn nicht oft gehört. Erstaunlich auch Daniel Humair, der sonst eigentlich straight spielt.


Christy DoranORNETTE COLEMAN AND PRIME TIME:

VIRGIN BEAUTY ("Honeymooners", rec. 1988. Ornette Coleman, as, tp, viol, + Septet. Harmolodic/CBS-LP).

CD: Ornette mit Prime Time und mit Jamaaladeen Tacuma. War damals eine ganz frische Sache, hat für mich aber zu wenig Dynamik, läuft immer auf dem gleichen Level... Aber Ornette spielt natürlich super. JA: Tacuma ist hier aber nicht aufgeführt.. CD: Ich bin aber ziemlich sicher, dass er es ist. Habe ja mal mit ihm zusammen gespielt in unserem Two-Bass-Quartet mit dem anderen Wahnsinnsbassisten J.F. Jenny-Clark. Es war phänomenal, wie diese zwei höchst unterschiedlichen Bassisten sich auf Anhieb gut verstanden.


PAT METHENY:

TRIO 99 → 00 ("Giant Steps", rec. 1999. Pat Metheny, g, Larry Grenadier, b, Bill Stewart, dr. Warner Bros-CD).

CD: Pat Metheny, - gut gespielt! In der Anfangszeit hat er mir nicht so gefallen, war mir zu süsslich, zu gefällig. Es war ja die Zeit, wo ich mit „OM“ spielte und da standen wir auf stärkere, „ruchere“ Sachen. Aber spielen kann der wahnsinnig und unheimlich virtuos; hat sich recht entwickelt und auch immer wieder mal neue Sachen ausprobiert wie zum Beispiel freies Improvisieren oder den Roland-Synthesizer.  


TERJE RYPDAL:

DOUBLE CONCERTO for two electric guitars and symphony orchestra (3. Satz, rec. 1998. Terje Rypdal, Ronni Le Tekro, g, Riga Festival Orchestra, Cond. Normunda Šn?. ECM-CD).

CD: Wow!, eine ganz spannende Sache - mit zwei Gitarristen. Erinnert vom Sound her etwas an Elliott Sharp. (Nach Bekanntgabe:) Wow, erstaunlich, ein tolles Ding, - mit diesen Verzerrungs- und Rückkopplungseffekten..., gefällt mir zusammen mit den Hörnern und dem Blech besser als mit den Streichern. 


MILES DAVIS:

MILES IN MONTREUX ("Speak, rec. 1984. Miles Davis, tp, John Scofield, g, Bob Berg, sax, keyb, Darryl Jones, b, Al Foster, dr, u.a. Montreux Sounds/Warner Music-CD).

CD: Du bringst den gleichen Gitarristen nicht zweimal? Doch - dann ists ganz klar Scofield mit der Miles-Band - der viel "hipere" Sound als bei der vorigen Aufnahme, rockiger, straighter... Gut aufgenommen, tönt sehr gut. War der Plausch, dass Miles nach seiner Pause wieder zurückkam. Scofields rockiges, funkiges Zeug hat man dann später allerdings mal genug gehört. Gut, dass er jetzt wieder etwas anderes macht. Ist aber zusammen mit Metheny nach wie vor einer der Haupteinflüsse junger Gitarristen.


SERGIO AND ODAIR ASSAD:

ALMA BRASILEIRA ("Frevo", rec. 1988. Sergio + Odair Assad, g. Elektra-Nonesuch-CD).

CD: Sind das nicht die brasilianischen Assad-Brüder ? Wahnsinnige Gitarrenkultur, auch was die Technik betrifft. Klingt sehr schön, für mich allerdings manchmal fast zu schön...


FERENC SNÉTBERGER:

FOR MY PEOPLE ("Gond Nélkul", "Tánc"*,  rec. 1999. Ferenc Snétberger, g, Markus Stockhausen, tp, Franz Liszt Chamber Orchestra Budapest*.  ENJA-CD).

CD: Das ist der Ferenc Snétberger! Ich war mal mit der Familie auf einem Zeltplatz in Italien und da war doch tatsächlich noch ein anderer Gitarrist und ich dachte, oh nein, so ein blöder Klimperer...Beim näheren Hinhören merkte ich: der ist garnicht so schlecht. Wir haben uns dann natürlich kennengelernt – er ist ein dunkelhäutiger Zigeuner - und auf dem Rückweg nach Berlin waren sie dann noch bei uns daheim, wo er mir von dem Projekt mit dem Budapester Kammerorchester erzählte und vom Duo mit Markus Stockhausen. Eine Supersache, freut mich für ihn.


MAHMUD TURKMANI:

NUQTA ("Hdiye"*, "Nuqta" rec. 1999. Mahmud Turkmani, Oud* + Gitarre. Enja-CD).

CD: Weiss nicht, wer das ist, ist aber total gut! JA: Mahmud Turkmani ist ein aus dem Libanon stammender, ausgezeichneter Oud-Spieler, Gitarrist und Komponist zeitgenössischer Musik, der in Moskau und Bern studiert hat und in der Schweiz lebt. Beim letzten Festival "Musik der Welt in Basel" hat er zusammen mit dem Basler Erato Quartett, seinem Ludus Guitar Quartet, aber auch mit dem persischen Zarb-Trommel-Maestro Keyvan Chemirani einige hochinteressante Eigenkompositionen uraufgeführt. CD: Das Konzept, klassische Gitarre mit arabischen Einflüssen in Verbindung zu bringen gefällt mir sehr gut - sehr beeindruckend. Seine musikalische Auffassung von Harmonik, Klängen und Dissonanzen ist mir näher als Jazzgitarristen. Den Namen muss ich mir merken!.  


KURT ROSENWINKEL:

THE NEXT STEP ("Minor Blues", rec. 2000. Kurt Rosenwinkel, g, Mark Turner, ts, Ben Street, b, Jeff Ballard, dr. Verve-CD).

CD: Schöner Groove, aber auch eingängig, wer ist das ? JA: Kurt Rosenwinkel, eine Art New Star, von dem viel geredet wird... CD: ...spezielle Ideen, gute Technik, hat was drauf mit all den Upper Structures und dem „Züüg“...


JIM BLACK:

ALASNOAXIS ("Maybee", rec. 2000. Jim Black, dr, Hilmar Jensson, e-g, Chris Speed, ts, cl, Skuli Sverrisson, e-b. Winter&Winter-CD).

CD: Das ist Jim Black. Ich kenne die CD, eine schöne Sache... JA: ...obwohl es da recht eingängige Teile hat, wie man auch beim letzten Willisau-Jazzfestival hören konnte...CD:...ja schon, aber mit einem anderen Approach. Es hat viel Musik auf der CD, bleibt aber immer interessant, weil das Konzept gut ist. Simple Themen, aber ein guter Umgang damit. Bei anderen würde das vielleicht banal tönen. Dazu die Kontraste und wechselnden Sounds...Man merkt, dass es junge Leute sind, die trotzdem schon einen grossen Background haben. Jim Black war ja vor zwei Jahren zusammen mit Tim Berne bei meinem Willisau-Festivalprojekt mit dabei. Inzwischen spielen sie an vielen Orten.

Christy Doran, herzlichen Dank, dass Du mitgemacht hast.

Aktuelle CD:Christy Doran’s NEW BAG with Muthuswamy Balasubramoniam:„Black Box“, Challenge Records DMCHR 71022 (COD/MV). www.christydoran




 

© JAZZ 'N' MORE Nr.5/2001
©Fotos: Johannes Anders



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