Johannes Anders
Musik - Journalist

IRÈNE SCHWEIZER

Text und Fotos von Johannes Anders

 

Irène SchweizerFATS WALLER:

I'VE GOT A FEELING I'M FALLING ("Piano Solos 1929").

IS: Ein schönes Ragtime-Stück, ist mir aber nicht bekannt. Erst habe ich an Earl Hines gedacht, aber es ist sicher älter und Hines spielt etwas moderner. James P. Johnson, Willie "The Lion" Smith? Auf jeden Fall ist es sehr gut gespielt, die linke Hand ist sehr prägnant und leicht.


MARY LOU WILLIAMS & CECIL TAYLOR:

THE LORD IS HEAVY / A SPIRITUAL ("Embraced", rec. live 1977. Pablo 2-LP).

IS: Ja, ja, ich glaube, ich weiss, wer das ist, ich habe die Platte auch. Wahnsinnig spannend, was da passiert. Ich finds faszinierend, was die zusammen machen und staune, dass es das überhaupt gibt, denn Cecil Taylor ist ja sehr eigensinnig und schwierig im Umgang mit anderen.


Irène SchweizerCHARLIE MINGUS:

MYSELF WHEN I AM REAL ("Mingus plays Piano - spontaneous compositions and improvisations", rec, 1963. Impulse-LP).

IS: Schwierig zu sagen, wer das ist. Aber es ist nicht Jack DeJohnette? Wer könnte das denn sein, mamma mia … Es klingt sehr klassisch und ein bisschen romantisch. Nach den ersten Tönen habe ich ganz kurz gedacht, eine ältere Aufnahme von Keith Jarrett oder Chick Corea. Es ist schöne Musik, aber vom Klavier her für mich nicht interessant. Ich würde die Platte nicht kaufen und komme auch nicht drauf, wer das ist.


3 PIANO TRIOS IM KOLLEKTIV:

PIANO SKETCHES / I. Schweizer ("Free Jazz Workshop Radio Bremen 1967", Irène Schweizer, p, Ueli Trepte, b, Mani Neumeier, dr. Alexander von Schlippenbach, p, Buschi Niebergall, b, Jackie Liebezeit, dr. Fred van Hove, p, Peter Kowald, b, Sven Ake Johannson, dr. SWF-Sendung 1976.)

IS: Sicher eine Radioaufnahme im Studio - typisch Free Jazz der sechziger Jahre, kommt mir sehr bekannt vor. Es sind Europäer, denke ich. Schlippenbach ist es nicht? JA: Auch. IS: (Nach einiger Zeit …) Jetzt klingt es eher nach Schlippenbach. JA: Unheimlich starke Musik! IS: Ja, wahnsinnig. Ist der Peter Kowald am Bass? JA: Ja. IS: Ist das nicht auch Mani am Schlagzeug? JA: Ja, auch. IS: Es ist die Zeit der Globy Unity. Es ist Klavier, Bass, Schlagzeug. JA: Leider eine Monoaufnahme, sodass man die Beteiligten nicht gut auseinander halten kann. IS: Jackie Liebezeit? JA: Ja, ist auch dabei. IS: (Nach Bekanntgabe) Alle drei zusammen, so ist das. Am Anfang habe ich noch gedacht, bin ich das? Aber ich war dann arnicht sicher. 1967 - stell dir vor, da war ich 26 (lacht laut), ein Kind! Mensch ist das lange her, ich kann mich gar nicht merh erinnern.


KEITH JARRETT TRIO:

OLD RAG ("Somewhere Before", rec. 1968. Keith Jarrett, p, Charlie Haden, b, Paul Motian, dr. Vortex-LP).

IS: Ist auch eine alte Aufnahme, den Bass hört man kaum. Ragtime, Swing, ein bisschen Bebop-Phrasierung … Den Pianisten erkenne ich nicht. Ist es Jaki Byard? (Nach Bekanntgabe) Ach, Keith Jarrett, bei einer anderen Aufnahme hätte ich ihn vielleicht erkannt.


Irène SchweizerIRÈNE SCHWEIZER:

SOFORT / I. Schweizer ("Hohe-Ufer-Konzerte des Hannoverschen Künstlervereins", rec. 1977. Irène Schweizer, Pianoimprovisationen. LP Hohe-Ufer-Konzerte).

IS: Das klingt nach mir! Aber ich wüsste nicht, welche Aufnahme das ist, "Wilde Senoritas", "Hexensabbat" … - nein, von der LP "Hohe-Ufer-Konzerte".


KEITH JARRETT:

BLUES ("Paris Concert", rec. 1988. Keith Jarrett, Solo Piano. ECM-LP).

IS: Da kommt man vom Klang her schon fast drauf - wies aufgenommen ist, wie das Klavier klingt …, wer das ist. Und dann der typische ECM-Sound … Sein Anschlag ist auch sehr markant, den kennt man auch, und dann die Phrasierung, das Mitsummen: Unverkennbar Keith Jarrett.


JACQUES DEMIERRE:

DIE MORITAT VON MACKIE MESSER ("Fabrik Songs - Piano Improvisations sur Weill et Eisler, rec. 1989. Jacques Demierre, p. Plainisphare-CD).

IS: (Nach den ersten Takten) Hm, ich glaub, ich weiss, wers ist, ist es Ran Blake? Nein? klingt aber sehr nach Ran Blake, sehr schön gespielt, moderne Harmonien … Ja, ich komme nicht drauf. (Nach Bekanntgabe) Ich habe damals das Konzert gehört, aber auf Jacques wäre ich jetzt nie gekommen, obwohl ich ihn gut kenne.


Irène SchweizerJOACHIM KÜHN / JEAN-FRANÇOIS JENNY-CLARK / DANIEL HUMAIR:

DIE MORITAT VON MACKIE MESSER ("Die Dreigroschenoper", rec. 1995. Verve-CD).

IS: Nochmals "Mackie Messer" - genau. (Im Basssolo) Klingt nach Gary Peacock - ist es nicht? Dave Holland, nein? Schöne Rhythmusgruppe, sehr gut zusammen. Paul Motian, nein? (Nach einiger Zeit) Daniel Humair? - Jenny-Clark, Joachim Kühn!


MICHEL PETRUCCIANI:

TURN AROUND / O. Coleman ("100 Hearts", Piano-Solo-Debut, Nr.1 der George Wein Collection, rec. 1996. Jazzmen/Bellaphon-CD).

IS: (Pfeift mit …) Das ist ein Ornette-Stück! Pianistisch sehr gut gespielt, technisch einwandfrei, aber eben …, es hat für mich nichts so Charakteristisches, dass ich es herausfinden könnte, weder vom Anschlag noch vom Klang oder der Phrasierung her. (Nach Bekanntgabe) Ich habe keine Platte von ihm und ihn auch noch nie live gehört, ausser es kam mal was im Radio.  

 


© JAZZ - Das Schweizer Jazz-Magazin, Nr.3, Januar/Februar 1997 "Blindfoldtest"
Fotos: © Johannes Anders



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