Johannes Anders
Musik - Journalist

S O N O E  K A T O

TEXT UND FOTOS: JOHANNES ANDERS

Sonoe KatoSonoe Kato wurde in Kyoto (Japan) im Jahr 1974 geboren, wo sie Sologesang an der staatlichen Hochschule für Kunst und Musik studierte. Nach ihrer Übersiedlung in die Schweiz 2002 erhielt sie an der ZHdK das Konzertdiplom Gesang mit Schwerpunkt Lied und Oratorium und das Solistendiplom mit Auszeichnung bei Lina Maria Åkerlund. Weiterbildungen in Kammermusik/Liedgestaltung bei Daniel Fueter und bei Hartmut Höll. Meisterkurse u.a. bei Margreet Honig, Meinard Kraak (F) und Irwin Gage (D). In ihrer sängerischen und künstlerischen Tätigkeit pflegt Sonoe Kato ein breites Spektrum von Alter bis Zeitgenössischer Musik. Als Solistin bestritt sie u.a. Uraufführungen von Alfred Zimmerlin (Tonkünstlerfest 2009 in Lausanne) und Daniel Fueter. 2009 Tournee und Meisterkurse im Rahmen von „Crosslink Music“ / Pro Helvetia in China. Sonoe Kato ist Mitglied des Vokalensemble Zürich, mit dem sie Auftritte an unterschiedlichsten Spielstätten und Festivals in Europa hat und zur Zusammenarbeit mit Ensembles wie dem Ensemble Contrechamp und dem Ensemble Recherche führten. Sie ist festes Mitglied von „Ensemble Tzara“, welches vor allem Uraufführung von zeitgenössischen Komponisten und Neue Musik spielt, im Jahr 2012 wurde das Ensemble Tzara mit dem Werkjahr der Stadt Zürich ausgezeichnet. Sonoe Kato ist mit dem Jazzpianisten und Komponisten Chris Wiesendanger verheiratet.

Japanisches usw.
Sonoe Kato1.) Tony Scott / Shinizi Yuize / Hozan Yamamoto:
Is not all one? –  Tony Scott (“Music for Zen Meditation“, rec. 1964. Tony Scott, cl, Shinize Yuize, koto, Hozan Yamamoto, shakuhachi. LP Verve).
2.) The Azumi Kabuki Musicians:
Nagare (“New Samisen Music of Older Classics”. LP Columbia).
3.) KIMEO ETO:
Sakura, Sakura (“Impressions Du Japon - L’Art Du Koto”, rec. 1967. Kimeo Eto, koto. LP Vogue /Mode Disques).
4.) Albert Mangelsdorf Quintett:
Sakura Waltz (”Now Jazz Ramwong – The Albert Mangelsdorff Quintett in Asia”, rec. 1964. A. Mangelsdorff, tb, Heinz Sauer, ts, Günter Kronberg, as, Günter Lenz, b, Ralf Hübner, dr. LP CBS).
Sonoe KatoSK: Ein Stück mit einem ganz schönen Anfang, eine gute Wahl für einen schönen Nachmittag. Bei der Besetzung klang etwas, das nicht ganz traditionell war… JA: Es war in Ergänzung zu den beiden traditionellen Instrumenten Koto und Shakuhachi eine Klarinette, allerdings gespielt von Tony Scott,  einem prominenten Jazzer, der mit viel Feeling und Können in die Musik eingetaucht ist; er war einer der ersten Stars des Ethnojazz und gilt als Pionier der Weltmusik. SK: Wer war der Komponist? JA: Tony Scott. SK: Wenn ich traditionelle Musik höre, entstehen keine Noten in meinem Kopf. Hier war das anders, aber total gute Arbeit. In Nr.2 spielte eine Gruppe mit Shamisen, der dreiseitigen Laute, ich konnte aber nicht genau feststellen, wie viel Instrumente dabei waren. Es war eine traditionelle Musik, aber in neuer Bearbeitung. JA: Kabuki ist doch Theatermusik… SK: … ja, wo mit viel Leidenschaft gespielt und musiziert wird. Nr.3 ist klassische Kotomusik mit dem berühmten Kirschblütenlied, das von der Spielerin mit sehr viel prachtvollem Ausdruck interpretiert wurde. Nr.4 fand ich sehr interessant, hat aber für mich nicht mehr die Kirschblütenstimmung, aber sehr schön gespielt, vor allem eindrücklich die Posaune und beachtlich das Tempo, mit dem das “Sakura“-Lied gespielt wurde, für mich ein neues Gefühl mit diesem Stück.      

Viermal Alfred Zimmerlin
1.) Simone Keller: Etude lunaire (“Klavierissimo Wetzikon 2013”. Simone Keller, p. CD privat).
2.) Kimmig – Studer – Zimmerlin: Hurrah Leks (“Erzählend nah“, rec. 2011. Harald Kimmig, vl, Daniel Studer, b, Alfred Zimmerlin, vc. CD Unit).
Sonoe Kato3.) el – sabre  – gameel: er – innern (Begegnungen zwischen ägyptischen und Schweizer Musikern, rec. 2006. CD Musiques Suisses / Grammont Portrait). 
4.) Aequatuor: Euridice singt (“Euridice Chamber Music“, rec. 2007. Ensemble Aequatuor, Sylvia Nopper, sopran, Matthias Arter, oboe, Tobias Moster, vc, Ingrid Karlen, p. CD ECM New Series).
SK: Besonders gut gefällt mir das Dritte, weil es ein total anderer Stil ist. Hier fielen mir beim Hören Geschichten ein, was mir nicht mit jeder Musik passiert, auch durch die ganzen Hintergrundgeräusche wie Vogelgezwitscher, Strassengeräusche usw.; so entsteht eine menschliche Welt. Das Erste ist eine sehr schöne Komposition, mit interessanten Steigerungen, von Anfang bis Schluss eine kompakte Welt. Ich kenne diesen Stil und am Piano könnte Simone Keller gewesen sein. Zwei war wohl eine freie Improvisation, was mir besonders beim Bassspiel auffiel. Diese Art innerhalb der neuen Musik ist sehr schwierig zu beurteilen. Vier war ein total dichtes Stück, konnte aber nicht alle Textstellen verstehen, aber starke Stimme der Sängerin. Ich kenne diese Stimme, kann sie aber im Augenblick nicht zuordnen. JA: Es war Sylvia Nopper…SK: …hätte ich eigentlich erkennen müssen. JA: Ich sage Dir jetzt, wer der Komponist und Spieler war: Es ist Alfred Zimmerlin. SK: Ahhhh! vielen Dank dafür. JA: Die Beispiele habe ich ausgewählt, weil der Name auf Deiner Favoritenliste stand.

Sonoe KatoCecilia Bartoli:
Un pensiero nemico di pace – G. F. Händel (“Opera Proibita”, rec. 2005. Cecilia Bartoli, Mezzosopran, Les  Musicians Du Louvre, Marc Minkowski. CD Decca).
SK: Huii – Marathon! Bartoli? Eine starke emotionale Art, bei der die Gefahr der Überforderung besteht, phasenweise auch bei ihr, hier aber kommt Drang und Lebensfreude auf – eine tolle Interpretation, auch vom Orchester.

Daniel Fueter:
Partytime: Daniel Fueter (“Daniel Fueter”, rec.  2012. Harry White, as, Pi–Chin Chien, vc, Edward Rushton, p. CD Musiques Suisses / Grammont Portrait).  
SK: Charakteristisches ist neben der hervorragenden Interpretation als wichtiger Punkt das Rhythmische, das eine Art Basis ist. Aber auch die unübliche Besetzung beeindruckt und fasziniert, sie sind auch klanglich schön zusammen. JA: Den Komponisten habe ich übrigens ausgewählt, weil Du zusammen mit Simone Keller im Rahmen der Kulturpreisverleihung des Kantons Zürich 2011 im Schauspielhaus Zürich an Fueter Kompositionen von ihm gespielt hast. Es ist Daniel Fueter… SK: …ohhh, das Stück habe ich glaube ich schon gehört – am Saxophon Harry, am Klavier Edward und dann die chinesische Cellospielerin. JA: Ich habe geglaubt, ich kenne Daniels Schaffen, aber diese Komposition war auch für mich eine grosse Überraschung.

Sonoe KatoSarah Büchi / Christy Doran’s New Bag:
Techno Sketches  – Doran (“Mesmerized“, rec. 2013. Sarah Büchi, voc, Christy Doran, el–g, & Fx, Vincent Membrez, minimoog & rhodes, Lionel Friedli, dr. CD Double Moon / Challenge Records).
SK: Whow! – total energievoll, da bekommt man den Eindruck von dem, was man alles mit der Stimme machen kann, wie viele Möglichkeiten die Stimme hat – total schwierig aber toll, auch was sie instrumental zusammen mit der Gitarre macht. Manchmal ist sie auch Erzählerin, die als Mensch Gefühle zeigen kann.

Morton Feldman:
Violin an Orchestra – Ausschnitt aus 53 ’– Komposition / 1979 (“Violin an Orchestra“, rec. 2009. Carolin Widmann, viol, Frankfurt Radio Symphony Orchestra, Emilio Pomàrico. CD ECM New Series).   
SK: Schöööön, hei – atmet, wirkt wie Malerei, ich sehe in jeder Szene die Blätter eines grossen Buches, in dem ich zuweilen blättere, könnte Morton Feldman sein… JA: … man spricht ja zuweilen von seinen Kompositionen, insbesondere bei “Coptic Light“, von Mustern anatolischer Teppichknüpfereien…

Sonoe KatoLisette Spinnler / Christoph Stiefel:
Isorhythm No.4 – Stiefel (“Bima Sakti“ rec. 2010. Lisette Spinnler, voc, Christoph Stiefel, p.
CD Traumton).

SK: Schöne, feine, präzise Stimme, erinnert mich an brasilianische Rhythmen. Was ich am Jazzgesang schätze und bewundere, im Gegensatz zum klassischen Gesang, aus dem ich komme, ist der grosse Unterschied im Rhythmischen, das rhythmische Gefühl, das schon im Körper drin ist, die Verbindung von Stimme und Rhythmus und hier noch mit dem Klavier,  was gar nicht so einfach ist.     

Salome Kammer:
Sequenza III – Luciano Berio (“Salomix–max / voice without limits””, rec. 2007. Salome Kammer, voice. CD Wergo).
SK: Das Stück kenne ich, Berios “Sequenza”, ist aber nicht mit der Cathy (Berberian). Ich weiss, dass die Aufnahme mit Cathy nicht die einzige ist, aber für mich die beste. Berberians Charakter spielt eine grosse Rolle. JA: Dann kannst Du gut beurteilen, was diese Sängerin damit macht. SK: Am Anfang war es ziemlich präzis, aber dann hörte man, dass der Stimmklang völlig anders ist, in den hohen Tönen und beim Lachen irgendwie artifiziell und wenig tiefschürfend wirkt.

Sonoe KatoChris Wiesendanger:
Folk Song – Wiesendanger (“ We Concentrate“, rec. 2004. Chris Wiesendanger, p, Christian Weber, b, Dieter Ulrich, dr. CD hatOLOGY).
SK: (Lacht…) Das ist meine Lieblings-CD, ein schönes Gefühl, das zu hören Die ganze CD ist wunderbar und es ist natürlich Chris.

Donatienne Michel–Dansac:
Contretemps – Georges Aperghis (“Tage für Neue Musik Zürich 2007“. Donatienne Michel –Dansac, Sopran, Collegium Novum Zürich, Mark Foster. CD privat).
SK: Sind das zwei Sängerinnen? JA: Nein SK: Für mich passiert da zuviel, überall Action, im Augenblick kann ich da nicht richtig einsteigen…

Sonoe KatoSarah Maria Sun – Hans Thomalla:
The Brightest Form of Absence – Hans Thomalla (“Donaueschinger Musiktage 2011”. Sarah Maria Sun,. Sopran, Experimentalstudio des SWR, Ensemble musikfabrik, Enno Poppe, Leitung. 3CD Neos).
SK: Whow, whow, sehr interessantes Stück –  ich mag das sowieso, Vokalisen ohne Text zu singen, klanglich instrumental. Text ist auch wichtig, aber er ist manchmal zu dominant, aber ohne Text zu singen, das mag ich sehr und sie hat das hier so schön gesungen und auch präzis, intonationssicher und musikalisch interpretiert, was in zeitgenösschischer Musik manchmal sehr schwieirig ist. Was ich auch sehr interessant fand, waren die vielen auch ganz feinen Geräusche… JA: … die vom Experimentalstudio des SWR stammten, die Sängerin hiess Sarah Maria Sun, geboren 1978… SK: … was, so jung…

Savina Yannatou / Barry Guy:
Attikos – S. Yannatou (”Attikos”, rec. 2010. Savina Yannatou, voc, Barry Guy, b. CD Maya Recordings).
JA: Ohne Worte improvisieren, das magst du doch besonders… SK: Whow, das ist wahnsinnig, stark, beeindruckend und hochmusikalisch.

Sonoe KatoIgor Stravinsky:
Le Sacre du Printemps – ab Glorification… bis Schluss (“Lucerne Festival 2008 im Sommer“. Lucerne Festival Academy Orchestra, Pierre Boulez, Leitung. CD privat).
SK: Uiiii… – sensationelles Stück, immer Spannung, Spannung, Spannung, dann plötzlich Schwert und zack und Schnitt… ist Strawinsky… JA: …anlässlich des derzeit überall gefeierten 100. Geburtstags der Uraufführung des “Sacre“  musste ich natürlich auch hier zumindestens einen Teil bringen.  

Eva Nievergelt – Michael Pelzel:
Haikus – M. Pelzel (“für Sopran, Flöte, Violoncello, Klavier, rec. 2010. Eva Nievergelt, Sopran, Ensemble Zara. CD privat).
Sonoe KatoSK: Ich kenne das Stück, weiss aber im Augenblick nicht woher… habe ich auch schon gesungen, letzten Januar mit dem Ensemble Zara. (Nach Einstieg der Sängerin…) Das ist Eva und das es ist Pelzel und das Stück heisst “Haikus“, aber auf spanisch, leider nicht auf japanisch. Das Ensemble Zara wurde ja im Rahmen der Kulturellen Auszeichnungen 2012 der Stadt Zürich mit einem Werkjahr für Interpretation bedacht und Michael Pelzel erhielt ein Werkjahr für Komposition. JA: Was sind Haikus? SK: Haiku ist eine traditionelle japanische Dichtform. Pelzel hat dazu aber einen Text eines spanischen Dichters genommen, weil die spanische Sprache einen emotionalen Charakter hat. Und er wollte diese Leidenschaft auch in der Stimme haben.   

L’Arpeggiata / Nuria Rial:
Chiome d’oro – Claudio Monteverdi (“Teatro d’Amore – Monteverdi“, rec. 2009. Nuria Rial, soprano, Ensemble L’Arpeggiata, Christina Pluhar, direction. CD Virgin Classics).
SK: Ganz Grazie, typische Alte-Musik-Sängerin, wenig Vibrato, schöne Verzierungen, super schön gesungen. Alte Musik singen wir auch im Vokalensemble Zürich, dessen Mitglied ich bin.

Sonoe KatoCathy Berberian:
Con che soavità – Claudio Monteverdi (”Cathy Bernerian sings Monteverdi”, rec.1975. Cathy Berberian, Mezzosopran, Concentus Musicus Wien, Nikolaus Harnoncourt, Leitung. CD Teldec).
SK: Ich kann das nicht verorten, wer ists, was die Cathy! So habe ich sie noch nie gehört, so ernst. Aber super ihre Art, die sonst doch eher lustig und karikaturartig ist.

Sonoe, herzlichen Dank für Deinen  Besuch.

© JAZZ 'N' MORE Nr. 4/2013, Juli/August 2013
Fotos © Johannes Anders

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