Johannes Anders
Musik - Journalist

PEGGY CHEW

Von Johannes Anders

Peggy ChewPeggy Chew wurde als Kind chinesischer Einwanderer in den USA geboren. Studium an der Yale University (USA). Unterricht und Workshops bei Jay Clayton, Anne Marie Moss (Manhattan School of Music), Bob Stoloff (Berklee College of Music), Norma Winstone, Lauren Newton u.a. Reist Ende der achtziger Jahre mit einer Gruppe von Strassenmusikern durch Europa, seit 1990 in der Schweiz. Sie lebt mit ihrem Partner Adrian Frey in Zürich. Peggy Chew’s Repertoire reicht von amerikanischen Jazzstandards und Folk/Pop-Songs über brasilianische Melodien bis zu chinesischen Liedern (ein schweizerdeutsches gehört auch dazu). Sie hat Texte zu neuen Jazzkompositionen verfasst und improvisiert auch im freien Bereich. Auftritte in London, Spanien, Frankreich. Im letzten Herbst unternahm sie eine Konzerttournee nach China und spielte im Duo mit dem Pianisten Adrian Frey mehrere Konzerte in Peking, Shanghai und Hong Kong. Aktivitäten in der Schweiz: Solistin in Vince Benedetti´s Jazz Heritage Big Band und Mitglied in dessen Vokalquartett, Gastsängerin mit JM Rhythm Four, Twobones, Cachoeiras (brasilianische Musik) u.a., sowie Mitglied der Gruppe "Three Voices and A Tuba". Sie ist Jazzgesangslehrerin an den Jazzschulen von Luzern und Basel. Bands: Peggy Chew Quintet, Sonic Calligraphy. CDs:  Peggy Chew "Real Days"  (altri suoni,  "Selection" von Swiss Radio International), Three Voices & A Tuba "Live at  Moods" (Red Note), Peggy Chew "Detour Ahead" (Shaomei Productions), Roberto Avila & Sarava, "Come to Brazil" (Sonet), Vince Benedetti, The Jazz Heritage Big Band (TCB).


BEATING THE DRAGON ROBE:

A TRADITIONAL PEKING OPERA (Auszug, Band 2, recorded in China, © 1962. Folkways Records-LP).

PC: Oh…, chinesische Musik! Das erinnert mich stark an meine Kindheit. Meine Eltern hatten mich damals in eine chinesische Oper mitgenommen. Es ist ein ganz anderer Umgang mit der Stimme, als klassischer Gesang, sehr dramatisch, ein Spiel mit den Tönen und Klängen der chinesischen Sprache. Besser wäre allerdings, wenn man diese Opern, die in manchem den westlichen Musicals ähneln, live erleben könnte, es gäbe noch mehr Spannung, mit all dem Optischen, Visuellen, Akrobatischen, Tänzerischen, mit der Mimik, den Gesten, Farben, geschminkten Gesichtern…


OUM KOULSOUM (ca. 1904 - 1975):

KONZERT-AUSZUG (Ägyptische Musikkassette mit Live-Aufnahmen der bedeutendsten Sängerin der arabischen Welt).

PC: (Während der langen Intro): Ein Orchester mit Violine, Perkussion, Akkordeon…, sehr phantasievolle Musik, zu der man sich auch Tanz vorstellen könnte, mit Groove… (nach Einstieg der Sängerin): Interessant die Sprache und vermutlich der Text und wie damit im Verhältnis zum Orchester umgegangen wird…, ich spüre da viel Hingabe und Emotion in der Stimme. Die Sprache erkenne ich nicht…


MARIA PIA DE VITO – RITA MARCOTULLI:

‘STU  CORE MIO  ("Nauplia - Musica di Napoli tra melodia e improvvisazione", rec. 1995. Maria Pia De Vito, voc, Rita Marcotulli, p, arr. & Ensemble. EGEA-CD).

PC: …klingt volksliedartig, sehr schöne, starke Stimme, interessant der Einstieg des Jazzpianos…, spannender Aufbau, tolles Arrangement. JA: Basis ist ein Stück von Orlando di Lasso (1532-1594), PC: … und wie heisst die Sängerin? Ah – die kenne ich ja, habe von ihr eine CD mit John Taylor…


CHARLIE MARIANO & THE KARNATAKA COLLEGE OF PERCUSSION:

VARSHINI ("Jyothi – featuring R.A. Ramamani", rec. 1983. Charlie Mariano, as, fl, R.A. Ramamani, voc, tamboura. ECM-LP).  

PC: Wahnsinnig schön, was die indische Sängerin mit wenigen Tönen macht, wie sie improvisiert…, und dann als grosse Überraschung und neue Farbe der Einstieg des Saxophons und das Ruf- und Antwortspiel mit der Stimme; eine sehr gelungene, ganz natürlich wirkende Verbindung…


CATHERINA VALENTE & CHET BAKER:

I’LL REMEMBER APRIL (Duo Baden-Baden 1956. Catherina Valente, voc, g, Chet Baker, tp. Brunswick-45 N).

PC: Eine europäische Sängerin, sehr schöne Phrasierung, instrumental singing, sehr guter Rhythmus und Swing, very nice…, und sehr schön das begleitende Horn... JA: Es ist Catherina Valente mit Chet Baker, - eine Rarität! PC: …und sie ist auch an der Gitarre?… whow !!!, super, really good!


LES DOUBLE SIX:

MEET BENNY BAILEY ("rencontrent Quincy Jones", rec. 1960. Les Double Six, voc, Art Simmons, p, Alexis Bacsik, g, Michel Gaudry, b, Daniel Humair, dr. OPEN-LP).

PC: (...lacht beim vocalizing von Mimi Perrin in höchste Lagen…) Das ist die französische Gesangsgruppe…, wie heisst sie noch? ah ja, Double Six. Phantastisch die französisch gesungenen Instrumentalsoli und der Sound…, wie eine Big Band, really great  - und Groove und Swing!…, wonderful feeling, I feel very happy…


ARETHA FRANKLIN:

ROCK STEADY ("Ten Years Of Gold", rec. 1971. Atlantic-LP).

PC: That’s the phantastic Aretha Franklin, ich habe sie sehr gern, ihre Gospel-beeinflusste Stimme, das ist nicht nur zum Sitzen und Zuhören sondern zum dazu Tanzen - very groovy music, really driving!…, intensive Stimme mit starker Präsenz.


THE DAVE BRUBECK QUARTET – GUEST STAR CARMEN McRAE:

WEEP NO MORE ("Tonight Only", rec. 1963. Carmen McRae, voc, Dave Brubeck, p, Paul Desmond, as, Eugene Wright, b, Joe Morello, dr. Fontana-LP).

PC: Das ist die wunderbare Carmen McRae, eine klare, deutliche Stimme mit starker Präsenz, als ob sie hier im Zimmer singen würde, mit schönen Verzierungen…, ein faszinierendes Lied, das ich nicht kenne… JA: … Musik und Text von Dave & I. Brubeck. PC: Ich habe sie mal in Baden gehört und mit ihr sprechen können; sie lebt mit und in der Musik und ist eine wirkliche Jazzmusikerin.


PABLO MILANÉS E SU GRUPO:

SANDRA (Festival "Musik der Welt in Basel 1997". SR DRS 2, live, 21.6.1997).

PC: Das ist ein bekanntes Lied und das ist Pablo Milanés. Ich habe ihn live in Kuba gehört und das war ein riesiges Fest mit einem begeisterten, tanzenden Publikum aller Altersschichten. Er hat eine starke Ausstrahlung und ein warmes, direkt aus dem Herzen kommendes Feeling. Ich höre ihn sehr gern.


HELEN MERRILL:

WHAT’S NEW ("Helen Merrill", rec. 1954. Helen Merrill, voc, Clifford Brown, tp, Danny Banks, fl, Barry Galbraith, g, Oscar Pettiford, b, cello, Bobby Donaldson, dr. EmArcy-45 EP).

PC: Das ist Helen Merrill mit dem wunderbaren Clifford Brown. Sie hat eine feine, klare Stimme. Wenn sie jedoch wie hier eine Ballade singt, kommt mir Betty Carter in den Sinn, die mehr Phrasierungsreichtum, Raumgefühl und Spannung zum Ausdruck bringt, auch in ihren Balladen.


LE MYSTÈRE DES VOIX BULGARES:

ERGHEN DIADO ("Marcel Cellier présente:", rec. 60er Jahre (?). Disques Cellier-LP).

PC: Super !, das ist der Bulgarische Frauenchor…, gefällt mir sehr, auch die rhythmische Qualität, mit viel Drive und excitement…   


SIDSEL ENDRESEN:

OUT HERE. IN THERE ("Out here. In there, rec. 2001. Sidsel Endresen, voc, Bugge Wesseltoft, keyb, perc, programming. Jazzland-CD).

PC: Auch diese Aufnahmen habe ich wie vorher schon die mit Helen Merrill in meiner Sammlung und ich finde es spannend, wie Sidsel Endresen ihre Stimme mit den sparsamen, transparenten Sounds, mit Ambient und Gefühl verbindet, wie sie mit ihren Texten und Themen eine meditative Stimmung erzeugt, wie sie zusammen mit Bugge Atmosphäre schafft…


SARAH VAUGHAN AND HER TRIO:

HERE’S THAT RAINY DAY ("Gala Night", Jazzfestival Bern 1987. George Gaffney, p, Andrew Simpkins, b, Harold Jones, dr. SR DRS 3 live 3.5.87).

PC: Das ist Sarah Vaughan, eine grosse Sängerin mit grosser Stimme, mit totaler Kontrolle über ihre Stimme, vom relaxten, mit mädchenhafter Stimme inszenierten Kontakt mit den Publikum bis zum Einstieg mit vollem, tiefem Gesang in den Song. Bei Technik und Intonation spürt man die klassischen Einflüsse, hier übrigens mit dabei ein hervorragenden Begleitpianist in einem sehr schönen Arrangement.


SAVINA YANNATOU & PRIMAVERA EN SALONICO:

HEY HAT ("Terra Nostra", rec. live in Athens 2001. Savina Yannatou + Lamia Bedioui, voc, & Ensemble. ECM-CD).

PC: Eine hypnotische Musik…, ich fühle mich wie auf einem grossen Basar, mit all dem Leben, das es da gibt, mit Schlangenbeschwörung, Bauchtanz…, und dann das breite gesangliche Ausdrucksspektrum…, eine andere aber faszinierende musikalische Welt und Kultur…


MONICA ZETTERLUND - BILL EVANS:

JAG VET EN DEJLIG ROSA ("Waltz For Debbie", rec. 1964. Monica Zetterlund, voc, Bill Evans, p, Chuck Israels, b, Larry Bunker, dr. Philips-CD/Schweden).

PC: In welcher Sprache singt sie? – ah, schwedisch, gefällt mir sehr, auch die Stimmung, wie ein Kinder- oder Schlaflied; und dann kommt das swingende Pianotrio…! JA: Erkennst Du den Pianisten, nein…?, es ist Bill Evans! PC: Dann ist es Monica, habe die Aufnahmen schon einmal gehört, sehr, sehr schön.  


DEE DEE BRIDGEWATER:

CHEROKEE ("Ray Brown – Some of My Best Friends Are… Singers", rec. 1998. Dee Dee Bridgewater, voc, Ray Brown, b, Geoff Keezer, p, Gregory Hutchinson, dr, Ralph Moore, ts. TELARC-CD).

PC: Das ist Dee Dee! Tolle Idee aber total ungewohnt, das "Cherokee als langsame Ballade zu beginnen… Sie kommt von der Tradition her und hat eine grosse Stimme und eine mitreissende Bühnenpräsenz, auch im Kontakt mit dem Publikum.


VINCE BENEDETTI MEETS DIANA KRALL:

MY LOVE ("heartdrops", rec. 1990 Küsnacht. Diana Krall, voc, p, Vince Benedetti, comp. arr., lyrics, tb, Martien Oster, voc, g, Christoph Spenger, b, Alberto Canonico, dr. TCB-CD).

PC: Ja, das mag ich, besonders die Melodie. Die Stimme kenne ich, habe sie schon gehört, aber nicht in diesem Kontext… JA: Es ist Diana Krall mit ihren allerersten, in der Schweiz entstandenen Aufnahmen! PC: Ja, Vince hat mir die spannende Story erzählt - mit dem Taxi usw.


ELENA LEDDA & SUONOFFICINA:

SU DILLU ("SONOS", rec. 1989. Elena Ledda, voc, Mauro Palmas, g, Riccardo Tesi, org, + Ens. BIBER-CD).

PC: Very happy music, the rhythm is very great, I like that – vermutlich eine Musik zum Tanzen… JA: Stimmt. Elena Ledda ist nach dem Tod der grossen Maria Carta die zur Zeit wichtigste Sängerin Sardiniens. Sie knüpft mit ihrer Musik immer wieder mehr oder weniger direkt an die überlieferte, traditionelle Musik Sardiniens an.


HERBIE HANCOCK:

SUMMERTIME ("Gershwin’s World", rec. 1998. JONI MITCHELL, voc, Stevie Wonder, harmonica, Wayne Shorter, ss, Herbie Hancock, p, Ira Coleman, b. Verve-CD).

PC: Das ist Herbie Hancocks "Gershwin’s World" mit Joni Mitchell und Wayne Shorter. Ich habe sie sehr gern, ihre natürliche Stimme, in der ich Einflüsse der Phrasierung von Billie Holiday höre. Sie hat ein ganz persönliches Jazzfeeling und bringt in dieses ausgeleierte Stück neue Facetten rein.


AIRTO MOREIRA / FLORA PURIM:

ANATELIO / ESCAPE ("The Colours of Life", rec. 1980. Airto Moreira, voc, perc, Flora Purim, voc, & Quintet. In+Out-CD).

PC: Airto und Flora Purim! Ich habe die beiden schon mehrmals gehört. Sie beindruckt mich sehr, auch, mit wie viel Herz sie singt. Sie inspiriert mich und es macht viel Freude, ihr zuzuhören! Diese Musik ist eine gute Art Fusion aus Brazil, Funk, Rock, Jazz …


NORMA WINSTONE:

SOMEWHERE CALLED HOME ("Somewhere Called Home", rec. 1986. Norma Winstone, voc, John Taylor, p, Tony Coe, cl, ts. ECM-CD).

PC: Diese Aufnahmen mit Norma Winstone kenne ich sehr gut – eine wunderbare Konstellation mit John Taylor und Tony Coe … Sie hat eine klare, reine, transparente Stimme, leicht und fein und - was ich sehr schätze - ohne Vibrato; und ich liebe diese offenen Räume (Space), sie geben mir Zeit zum Nachdenken, zum Mitgehen … Ich kenne sie persönlich; sie ist sehr sympathisch und hat auf die Zusendung meiner ersten CD mit einem persönlichen Brief an mich reagiert, was mir sehr viel bedeutet.  


GILBERTO GIL & JORGE BEN:

TAJ MAHAL ("Gil e Jorge, P 1975. Gilberto Gil + Jorge Ben, voc, g, Djalma, perc, Wagner, b. Philips-LP).

PC: …das ist Jorge Ben… JA: …und Giberto Gil ! PC: (lacht, lacht und amüsiert sich köstlich, wie ungezwungen und ausgelassen die Zwei miteinander agieren -  „haben wohl zu viel Capirinha gehabt…“). Nach dem Jazz ist das Zweitwichtigste für mich die Brasilian Music mit ihrer Rhythmik, der Sprachmelodie, den Songthemen…


LA BANDA / LUCILLA GALEAZZI:

UNA SERENATA – TRA LA FOLLA… ("Banda And Jazz", Auszug, rec. Donaueschinger Musiktage 1996. Lucilla Galeazzi, voc, Michel Godard, tba, Jean-Louis Matinier, acc, Willem Breuker, bcl, Banda Cittá Ruvo Di Puglia, Dir. Bruno Tommaso. ENJA-2CD).

PC: Eine schöne, expressive und auch dramatische Stimme, aber eine für mich noch fremde, neue Welt. Ein spannender Aufbau, erst die Sängerin, dann das frei spielende Orchester und schliesslich das wilde Klarinettensolo …, ich mag, wenn Instrumentalisten frei improvisieren…  

 

Peggy, ganz herzlichen Dank fürs Mitmachen.

 


 

© JAZZ 'N' MORE Nr.3/2003
Foto: zVg (Palma Fiacco)



zurück