Johannes Anders
Musik - Journalist

RAHEL HADORN

Von Johannes Anders

 

Rahel HadornDie Zürcherin Rahel Hadorn, vielversprechender neuer Stern am Schweizer Vokaljazz-Himmel, ist diplomierte Absolventin der Swiss Jazz School in Bern, hat bei prominenten Persönlichkeiten studiert und Workshops besucht, unterrichtet an der Jazzschule Zürich und leitet zwei Chöre. Mit ihrem aktuellen Quartett «Acoustic Stories» (mit Mathias Kienholz, Thomas Schenkel und Lukas Niggli) hat sie auf dem Jecklin-Label «Red Note» soeben ihre erste eigene CD veröffentlicht. Eine kleine Sensation ist, dass Rahel mit «Acoustic Stories» als Vorgruppe für das am 10. Juli 1997 im Volkshaus Zürich angesagte erste Konzert in grösserem Rahmen der vielbewunderten kanadischen Sängerin Diana Krall engagiert wurde.


SARAH VAUGHAN:

FASCINATING RHYTHM + HERE'S THAT RAINY DAY ("Internationales Jazz Festival Bern 1987 - Gala Night". Sarah Vaughan, voc, p, George Gaffney, p, Andrew Simpkins, b, Harold Jones, dr. Live-Sendung SR DRS 3, 3.5.1987).

RH: Yeah, so stark, gibt's das als CD? Nein - so schade! (Lacht, wie die Vaughan mittendrin den Saalmixer zurechtweist.) Ich hätte viel darum gegeben, sie einmal persönlich zu erleben. Also natürlich: Sarah Vaughan hier in ihren späteren Jahren, denn sie singt viel tiefer als früher. Ganz typisch ihr Vibrato, auch das brachte sie früher stärker, jetzt ist sie trockener, aber auch ausdrucksstärker - gefällt mir sehr!


NANCY WILSON / CANNONBALL ADDERLEY:

THE MASQUERADE IS OVER ("Nancy Wilson / Cannonball Adderley", rec. 1961. Nancy Wilson, voc, Cannonball Adderley, as, Nat Adderley, co, Joe Zawinul, p, Sam Jones, b, Louis Hayes, dr. Capitol-LP).

RH: Das ist Nancy Wilson mit dem Cannonball Adderley Quintet; ich finde sie  musikalisch sehr schön, ihr Interpretationstalent,  ihre  «meitlihafte»  Stimme, ganz klar und fein, sehr präsent; was sie singt, nimmt man ihr einfach ab.


DIANNE REEVES:

EYES ON THE PRIZE ("Never too far", rec. 1990. Dianne Reeves & Band. EMI CD).

RH: Dianne Reeves - eine Pop-CD. Sie hat einfach die beste Technik von allen, auch nach oben raus; macht nicht auf Black Soul, sondern behält's jazziger, auch im Popbereich.


ERNESTINE ANDERSON:

JUST ONE MORE CHANCE ("Never make your Move too soon", rec. 1980. Ernestine Anderson, voc, Monty Alexander, p, Ray Brown, b, Frank Gant, dr. Concord-CD).

RH: Ich würde sagen, das ist Emestine Anderson; an ihrem tiefen Vibrato hab ich sie sofort erkannt, unten hat sie mehr Gewicht als oben, dazu die luftige Mittellage ... Oben muss sie sich einfach mehr anstrengen, aber es ist super, so richtiger voller Vocal-Jazz, good old Tradition.


DEE DEE BRIDGEWATER:

THE ISLAND ("Keeping Tradition", rec. 1992. Dee Dee Bridgewater, voc, Thierry Elliez, p, Hein van de Geyn, b, André "Dédé" Ceccarelli, dr. Verve-CD).

RH: Dee Dee Bridgewater mit "The Island" von Ivan Lins; ich habe den Titel von Sarah Vaughan, sehr schön - wirklich - wie sie singt. Das Problem ist nur ein bisschen, wenn man eine CD von ihr hat und ein Konzert von ihr besucht hat, dann hat man's eigentlich gehört -  obwohl sie extrem gut ist. Auch auf ihre Performance steh' ich - auf die Dauer ist es aber immer das Gleiche.


LAUREN NEWTON & JOËLLE LÉANDRE:

FIREY CHROMOXIDE GREEN ("18 colors", rec. 1996, Duos. Lauren Newton, voc, Joëlle Léandre, b. Leo Records-CD).

RH: Aha - das ist wahrscheinlich die Lauren Newton. Von Natur aus hat sie eine helle Stimme, aber ich hab' sie komischerweise an einer Stelle erkannt, wo sie ganz dunkel singt. Das ist nicht so ganz meine Musik, aber eben technisch voll versiert - beeindruckend. Ich hab auch so eine CD, wo sie so freie Sachen macht und wo ich sie total «geil» finde. Auch im Konzert hab' ich sie schon erlebt, obwohl ich ja sonst nicht sehr viel Free-Sachen höre. Aber da gehe ich fast drauf, wenn ich feststelle, welche Ausstrahlung da rüberkommt; da ist sie für mich eine der wenigen, die das können und wo es einfach nicht «Gefriemel» ist.


MONICA ZETTERLUND:

ONE FOR MY BABY ("The Lost Tapes", rec. 1960. Monica Zetterlund, voc, Thad Jones, tp, Jimmy Jones, p, Milt Hinton, b, Osie Johnson, dr. RCA Victor/BMG-CD).

RH: Kenne ich nicht. Sicher eine Weisse, hat gutes Feeling, viel  Mittelstimme,  klingt  schön, aber auch relativ eintönig, eine, die viel Ella gehört hat. Für mich jedoch zu wenig impulsiv - ich hab's zwischendurch auch gern mal heftiger!


NORMA WINSTONE:

OUT OF THIS WORLD ("Somehere Called Home", rec. 1986. Norma Winstone, voc, John Taylor, p, Tony Coe, cl, ts. ECM-CD).

RH: Eine Weisse, sonnenklar. Ist total schön, die Gruppe hat etwas Filmmusikartiges und sie ist eine Art «Tellerin» (Erzählerin), hat etwas, das einem unter die Haut geht, auch wenn sie eine klare Stimme hat. Alles passt wunderbar zusammen, extrem schön, ist wirklich grosse Kunst; die CD interessiert mich, die kauf ich mir... - ist das schööön! Saxophonist Christoph Grab, der dazugestossen ist: Tony Coe, der einzige Europäer, der mich interessieren würde - ich mues glaub zu dem i'd Stund. RH: Und ich zur Norma...


DIANA KRALL:

THIS CAN'T BE LOVE ("steppin' out", rec. 1993. Diana Krall, voc, p, John Clayton,b, Jeff Hamilton, dr. Justin Time/ENJA Records-CD).

 

RH: Das ist Diana Krall! Im Moment meine Lieblingssängerin. Zuerst habe ich ganz kurz an Carmen McRae gedacht, ihr grosses Vorbild, und auch ich steh' extrem auf sie. Aber die Krall hat ein Phrasing, das ich nie vorher so gehört habe, ausser natürlich bei den ganz Grossen. Und dann spielt sie noch so Piano, wie man es sich als Sängerin nur wünschen kann - und hat so ein jazziges laid-back-Feeling, völlig relaxed; hat im Vergleich mit einer Dianne Reeves nicht so eine perfekte Technik, "schtirket» und macht und tut..., aber das ist völlig egal, denn sie singt wie eine Wahnsinnige..., aussagekräftiger geht's fast nimmer, hat im Gegensatz zu ihrem Äusseren eine wirklich schwarze Stimme.

 

Rahel, danke, dass Du mitgemacht hast.

 



© JAZZ Nr.5/1997
Foto: zVg



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