Johannes Anders
Musik - Journalist

PETER SCHMIDLIN

Von Johannes Anders 

Peter SchmidlinVor rund 35 Jahren tauchte er als junger, "jazzverrückter" Schlagzeuger erstmals im Basler Untergrund auf. Bereits ein Jahrzehnt späten war er eine über die Grenzen der Schweiz hinaus beachtete Grosse und gilt seit langem als einer der wichtigeren Modern-Mainstream-Drummer: Der in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiernde, seit zehn Jahren auch als initiativer TCB-Plattenproduzent agierende Peter Schmidlin [siehe Label-Porträt TCB im Magazin «JAZZ» No. 1 & 2/1996 und über seine Serie "Swiss Radio Days Jazz Series" in der Basler Zeitung vom 12.12.1995: Die Radio-Archive geben ihre Jazzschätze preis).


BABY DODDS:

JAZZ DRUMMING ("African and Afro-American Drums": The United States», Ethnic Folkways Library-2LP-Box).

PS: (Lacht,  lacht, amüsiert sich) Aufnahmen älteren Datums, sehr gut gespielt, yeah, historisch - der Mann weilt wohl nicht mehr unter uns. Könnte der Baby Dodds sein, hat eine bestimmte Art, wie er tönt.


JOHNNY GRIFFIN:

SCRABBLE ("Night Lady", rec. 1964. Johnny Griffin, ts, Francy Boland, p, Jimmy Woode, b, Kenny Clarke, dr. Philips-LP).

PS: (Nach wenigen Takten:) Kenny Clarke! Der Erfinder des modernen Schlagzeugs.  Damit hat die moderne Geschichte angefangen. Zehn Jahre später habe ich dann mit Griffin gespielt und auch mit Jimmy Woode.


ELVIN JONES JAZZ MACHINE:

DOLL OF THE BRIDGE ("Soul Trane", rec. 1980. Elvin Jones, dr, Andrew White, ts, Ari Brown, ts, ss, Marvin Horn, g, Andy McCloud, b. DENON-LP).

PS: (Nach den ersten Schlägen der Drum-Solo-Intro:)  Der Elvin! - ist wahnsinnig, unglaublich;- eine Kraftmaschine, ein grosser Meister.


ELVIN JONES JAZZ MACHINE:

REMEMBRANCE ("Remembrance", rec. 1978. Elvin Jones, dr, Pat LaBarbera, ts, ss, Michael Stuart, g, Andy McCloud III, b. MPS-LP).

PS: Ist das einer der Jüngeren? Aber Moment..., hat etwas "Elvineskes", die Art, wie er mit der Hi-Hat schafft …, ja, er ist es selbst!.


Peter SchmidlinCHICK COREA / MIROSLAV VITOUS / ROY HAYNES:

THE LOOP / HITTIN' IT* ("Trio Music Live in Europe", 1984. Chick Corea, p, Miroslav Vitous, b, Roy Haynes, dr, *Drums Solo. ECM-LP).

PS: Auf alle Fälle höchst interessant, kommt mir sehr bekannt vor, habe ihn sicher schon x-mal gehört. Ich komm'  aber jetzt nicht drauf, gehört jedenfalls zur alten Schule. Am Piano Bill Evans oder einer, der auf Evans macht ... Wenn's der Jack ist (DeJohnette) ist, ist's eine ältere Aufnahme von ihm. Auf alle Fälle ein schönes Trio.


MICHEL PETRUCCIANI / GARY PEACOCK / ROY HAYNES:

MR. K.J. ( "Michel plays Petrucciani», rec. 1987. Michel Petrucciani, p, Gary Peacock, b, Roy Haynes, dr. Blue Note-CD).

PS: Ich müsste es eigentlich wissen, Supertrio! Wird doch wohl nicht der Roy Haynes sein; die Snare-Drum klingt nicht so typisch wie sonst bei ihm; aber er macht etwas, was sonst nur Al Foster macht, die Hi-Hat auf jeden zweiten Schlag offen ...


JOACHIM KÜHN / J. F. JENNY-CLARK / DANIEL HUMAIR:

INDIA ("Time to Time Free», rec. 1986. Joachim Kühn, p, Jean-François Jenny-Clark, b, Daniel Humair, dr. CMP-LP).

 

PS: Ist's was Europäisches, ein Weisser? An und für sich gut, aber nicht die Musik, die ich täglich höre, die ich mir kaufen würde. Könnte der Daniel sein, das Trans- parente, Leichtfüssige. Ist ja ein grossartiger Schlagzeuger, kenne ihn schon seit Urzeiten, stehe aber vor allem auf die Geschichten, die er damals mit Eddie Louiss und dem Ponty gemacht hat; da ging natürlich die Post ab wie selten.


Peter SchmidlinTONY WILLIAMS QUINTET:

GEO ROSE ("Tokyo Live", rec. 1992. Tony Williams, dr, Wallace Roney, tp, Bill Pierce, ts, ss, Mulgrew Miller, p, Ira Coleman, b. Blue Note-CD).

PS: (Kurz nach Beginn der langen Solo-Drum-Intro:) Es leben die Paradiddles, das ist der Tony! Mit dem bin ich aufgewachsen. Seit der ersten Platte mit Miles hab ich sein Spiel verfolgt. Seine Art zu spielen ist unglaublich. Es gibt eben Drummer, die sind so klar erkennbar, weil sie eben so persönlich sind.


DIDIER LOCKWOOD:

ANATOLE BLUES ("New York Rendez-vous", rec. 1995.  Didier Lockwood, viol, Dave Liebman, sax, Dave Kikoski, p, Dave Holland, b, Peter Erskine, dr. JMS-CD).

PS: Sehr schön, eine neuere Aufnahme? Ist das der Herr Lockwood? Der Drummer spielt sehr schön, gefällt mir sehr gut, yeah! Sag bloss, es sei schon wieder der Roy Haynes - der Al Foster läuft auch so, ist er's? Nein...? Könnte es aber sein, yeah - gehört zur jüngeren Generation, sehr schön, sehr schön.


PETER ERSKINE / PALLE DANIELSSON / JOHN TAYLOR:

ESPERANÇA («As It Is», rec. 1995. Peter Erskine, dr, John Taylor, p, Palle Danielsson, b. ECM-CD).

PS: Jetzt tönt's nach Jack. (Nach Bekanntgabe:) Da wär ich nicht drauf gekommen, so gut kenne ich ihn nicht. Aber die Unterschiede von einem zum anderen sind heute nicht mehr so gross wie sie es bei den früheren Grossen, den Vätern, waren. Typen wie Erskine spielen zwar mit grosser Technik, aber von allem etwas; das ist dann nicht mehr so spezifisch und klar. Als ich in den Siebzigern mal mit Ambrosetti in Mailand spielte, kam die ganze Kenton-Band in den Club; es gab eine Jam-Session und da kam auch der junge Erskine und fragte mich höflich, ob er bitte mitspielen könne. Und Jahre später war er dann der grosse Superstar.


JOE LOVANO:

EVOLUTION ("From the soul», rec. 1991. Joe Lovano, ts, ss, Michel Petrucciani, p, Dave Holland, b, Ed Blackwell, dr. Blue Note-CD).

PS: Eher ein älterer Drummer, kenne ich sehr gut, erinnert mich stark an jemanden, versuche, auf den Namen zu kommen - ein Schwarzer? Da steh' ich jetzt drauf. (Nach Bekanntgabe:) Natürlich - Ed Blackwell! Die Art und Weise, wie er den Ablauf mit Getrommel unterlegt ...


Peter SchmidlinKEITH JARRETT / GARY PRACOCK / PAUL MOTIAN:

SOLAR ("At the Deer Head Inn", rec. 1992. Keith Jarrett, p, Gary Peacock, b, Paul Motian, dr. ECM-CD).

PS: Das ist aber jetzt nicht der Jack? …, dann ist's der Motian. Kann auf ganz verschiedene Art tönen, spielt mal straight, mal die offenen, freien Dinge. Hat schon einen eigenen Sound, einen speziellen Stil, kenne aber eigentlich nur die älteren Sachen von ihm, sechziger Jahre und so, wo er viel straighter gespielt hat.


RITA MARCOTULLI / PALLE DANIELSSON / BOB MOSES:

HEART IN FIRE ("Live vom Jazz Festival Willisau 1996", Auszug. Rita Marcotulli, p, Palle Danielsson, b, Bob Moses, dr. Radio DRS-Live-Aufnahme).

PS: Super das Trio! Wer es auch immer ist, es ist absolut wahnsinnig. Wenn's davon eine Platte gäbe, die würde ich sofort kaufen; könnte das von morgens bis abends hören. Das ist der Groove, das swingt, ist nicht so intellektuell im Sinne von dem,  was wir vorher gehört haben (Marylin Crispell- und Bobo Stenson-Trios. JA) - diese modernen Dinge, die auch sicher musikalisch absolut in Ordnung sind...; aber das hier ist Musik für mich, die ich täglich hören könnte.


NEW JAZZ TRIO:

TRAFICTION ("Three Trees», rec. 1998. Michael Arbenz, p, Friedemann Rabe, b, Florian Arbenz, dr. Elite Special-CD).

PS: Power Pack! Ist das eine neue Geschichte? Yeah, (lacht) schön, sehr schön! Gefällt mir sehr. Klingt wie ein Trio, das schon länger zusammenspielt. Der Pianist - ein Europäer? JA: Ja, sogar ein Basler...!)

 

Lieber Peter, herzlichen Dank für Deinen Besuch.




©Jazz Nr.2/1998
Fotos: Portrait © Peewee Windmüller
Andere: © Johannes Anders