Johannes Anders
Musik - Journalist

MATTHIAS ZIEGLER

Text und Fotos: Johannes Anders

Matthias ZieglerMatthias Ziegler, ist einer der vielseitigsten und innovativsten Flötisten seiner Generation. Sein Engagement gilt gleichermassen der "traditionellen" Flötenliteratur und der zeitgenössischen Musik sowie grenzüberschreitenden Musikkonzepten zwischen klassischer Musik und Jazz. Entsprechend vielfältig ist seine Konzerttätigkeit: Solo-Auftritte mit seinen selber entwickelten Spezialinstrumenten, Konzerte mit dem Perkussionisten Pierre Favre, Auftritte mit George Gruntz, Tourneen mit dem amerikanischen Bassisten Mark Dresser sowie Mitwirkung beim Collegium Novum Zürich. Auf der Suche nach neuen Klängen hat er das expressive Potential der herkömmlichen Flöte und der elektroakustisch verstärkten Kontrabassflöte enorm erweitert. Inspiriert von der neuartigen Klangwelt dieser Instrumente haben Komponisten wie die Schweizer Michael Jarrell, George Gruntz und Mathias Rüegg, der Tadschike Benjamin Yusupov und der Amerikaner Mark Dresser für Matthias Ziegler Flötenkonzerte geschrieben. – In nächster Zeit tritt Matthias Ziegler in ganz unterschiedlichen Kontexten und an verschiedenen Orten auf - vgl. Flash auf den vorderen Seiten von JAZZ 'N' MORE 3/2006. (www.matthias-ziegler.ch)


 

SEVERINO GAZZELONI (1919-1992):

1.) PIERRE BOULEZ: LE MARTEAU SANS MAITRE- 1953/55 ("Pierre Boulez", Auszug, Ensemble, Leitung P. Boulez, S. Gazzeloni, Flöte. Harmonia Mundi-LP).

2.) BRUNO MADERNA: HYPERION 3 FÜR FLÖTE UND ORCHESTER - 1965 ("Grosse Interpreten neuer Musik: Severino Gazzeloni, Flöte", Auszug. SWF Sinfonieorchester Baden-Baden, Leitg. Bruno Maderna, S. Gazzeloni, fl. WERGO-LP).

MZ: Zu 1: … singt einige Phrasen – ich hab das in den Fingern, hab das mal gespielt bzw. im Studium geübt. Wunderbar, wie die weiten Intervalle so klar und trotzdem legato gespielt werden - und die Weichheit des Fliessens …; das ist wahnsinnig gut und virtuos gespielt. 2 ist ein Stück mit extremen Kontrasten und Gegensätzen, klingt für mich französisch. Was mir am Flötisten gefällt, sind die Farben, die wunderbaren Piani, die Lebendigkeit beim Spiel – und ein derartig langes virtuoses Solo - das muss man erst mal hinlegen. Wer ists? JA: Beide Male Gazzelloni? MZ: Das hätte ich nicht gedacht; 1 wirkt viel gepflegter, in 2 höre ich bei den Staccati irgend ein Drücken aufs Instrument, das sich negativ auf den Klang auswirkt …Gazzeloni hat ja seine ganze Karriere auf der Neuen Musik aufgebaut. Und das erste war Boulez? - es hat mich hier fasziniert, aber eigentlich mache ich um ihn immer einen grossen Bogen, ich mag keine Diktate …


 

ERIC DOLPHY (1928 – 1964):

1.) ERIC DOLPHY: GAZZELONI ("Jazz Standards On Mars", rec. 1995, Auszug. Robert Dick & Soldier String Quartet, R. Dick, fl. ENJA-CD).

2.) ERIC DOLPHY: GAZZELONI ("Out to Lunch", rec.1964, Auszug. Eric Dolphy Quintet. Blue Note-LP).

3.) ODE TO CHARLIE PARKER ("Far Cry with Booker Little", rec. 1960, Auszug. Eric Dolphy Quintet. OJC/New Jazz-CD).

4.) LEFT ALONE (wie Nr.3).

Matthias zieglerMZ: 1 war "Gazzeloni" mit Robert Dick und Mark Dresser, Robert unglaublich virtuos – ich liebe ihn über alles - aber nicht gut aufgenommen, der Flötenklang sehr unterschiedlich, und auch die Klangfarbe von Mark verschwindet zuweilen, und was soll der Elektrobass - und das Arrangement …? 2 war die Orginalversion von "Gazzeloni" mit Dolphy, wirkt eigentlich wie ein serielles Thema, das in eine freie Impro geht, ein phantastisches Stück, grossartig, was da thematisch gemacht wird; und dann der extreme Tonumfang Dolphys, alle drei Oktaven und ganz hoch hinauf – super, das hat Biss, und dann der erstaunliche Fokus in der schwierigen Mittellage. Das ist alles flötistisch höchst anspruchsvoll und trotzdem groovt es, im Gegensatz zu 1. Überhaupt erstaunlich die Unterschiedlichkeit von 2, 3 und 4, ich wusste nicht, dass Dolphy eine derartige Spannweite hat. Furchtbar jedoch das Vibrato in 4.


GEORG FRIEDRICH HAAS (*1953):

STREICHQUARTETT NO. 2 ("Streichquartette 1 und 2", rec. 2001, Auszug. Kairos Quartet. Edition Zeitklang-CD).

MZ: Ist das Georg Friedrich Haas? – phantastisch, eine Musik, in die man eintauchen muss. Das Verrückte ist, am Anfang weiss man gar nicht, ist das Alte Musik … Und dann diese Klangtürme und man hört nicht mehr den Instrumenten nach sondern es zieht einen unweigerlich rein – wahnsinnig, klingt wie eine Metallplatte, die ins Schwingen kommt – unglaublich direkt, emotionell; und diese vierteltönigen Geschichten … - das ist unheimlich intensiv, auch zum Spielen – wahnsinnig! Für mich ist er einer der grössten lebenden Komponisten – die Platte muss ich mir unbedingt kaufen.


PANDIT HARI PRASAD CHAURASIA:

RAGA DURGAWATI ("Ragas Durgawati & Mishra Shivaraanjani", rec. 1996, Auszug. P. H. P. C., Bansuri / indische Bambusflöte. Navras-CD). 

MZ: Ist das der Hari Prasad ? Grossartig. Die indische Bansuri-Flöte hab ich wahnsinnig gern, vor allem in den langsamen Passagen mit den unschlagbaren Glissandi … Ich glaube aber, hier und da schon eine gewisse westliche Komponente zu hören, bin nicht sicher, wie authentisch das noch ist. Aber unglaublich diese Konsistenz des Sounds und dann die Wechsel in die unheimlich präzisen schnellen Tempi – und dieses Fliessen – phantastisch!


GIACINTO CELSI (1905-1988):

QUATTRO PEZZI NO.1 ("Alte Oper Frankfurt", rec. 2005, live, Auszug. SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Leitg. Sylvain Cambreling. Aufn. SWR).

Matthias zieglerMZ: Ist das ein noch lebender Komponist, nein ? Dieses minimale Kreisen um einzelne Töne, das erinnert mich an Scelsi und das würde auch erklären, wieso das wie verstimmt wirkt, denn Scelsi denkt nicht mehr in Vierteltonkategorien sondern stufenlos, die alten Tonhöhen-Paramter gelten nicht mehr primär, vielmehr der Inhalt des Tones. Er war ja auch einer der ersten, die sich mit orientalischen Klangebungen beschäftigten und er war nahe am Improvisatorischen und gab auch Anweisungen zum Improvisieren. Wer spielte da? Cambreling - er ist der richtige Mann dafür, trotzdem klang das am Anfang nicht ganz koscher, vermutlich zu knappe Probezeiten …


ORQUESTA EXPERIMENTAL DE INSTRUMENTOS NATIVOS:

LA CIUDAD / CANTUS DE TIERRA / UYARIWAYCHEQ ("Cergio Prudencio", rec. 1999, div. Auszüge. Neue Bolivianische Musik, Orquesta Experimental …/ Flöten und Perkussion, Direccion Cergio Prudencio. Cantus/Bolivia-CD).

MZ: Das ist wieder eine Musik, von der man nicht weiss, gehört sie in einen zeitgenössisch komponierten Bereich …, vor allem am Anfang klang das wie eine Jazzproduktion mit jemanden, der ein Ensemble dirigiert und damit ganz spezielle Farben erzeugt. Später, mit der Sängerin, war das klar komponiert. Eine wahnsinnige Sache, grossartig. Diese mit den verschiedenen Bambusflöten wie Quenas und Panflöten erzeugten dichten, flächigen Klänge erinnern mich an die Musik der Spektralisten wie etwa Grisey, Murail usw.


BERNHARD LANG:

DW 3 FÜR FLÖTE, AKKORDEON, VIOLONCELLO / 2000 ("Musica Viva 10", rec.2004, Auszug. Carin Levin, fl, Stefan Hussong, acc, Michael Moser, cello. Col Legno-CD).

MZ: Eigenartig, die Musik entwickelt sich nicht, man bleibt total draussen, im Gegensatz zu Haas, und am Schluss überlegt man sich, was habe ich jetzt gehört; es macht nichts mit mir, ausser dass es mich nervös macht. Wer ist es, Bernhard Lang …, dachte es mir, ist für mich der schlimmste zeitgenössische Komponist. Hab mal ein Stück von ihm gespielt und bin fast durchgedreht, unsägliche Musik, ich werde beim Spielen ständig gestört, ist auf konstruktiver Ebene völlig kaputt und man fühlt sich beim Spielen total verarscht …, den hasse ich am meisten, ist "schlimmer" als Boulez, aber der kann wenigstens noch was ...


CHICK COREA SEPTET:

"THE TEMPLE OF ISFAHAN ("Septett", rec. 1984, Auszug. Chick Corea, p, Steve Kujala, fl, u.a. ECM-LP).

matthias zieglerMZ: Ist das Steve Kujalla? Grossartig gespielt, kommt aus der Klassik, fasziniert mich durch die enorme Rhythmik, wobei ich die Streicher völlig überflüssig finde, ist wie ein riesiges Croissant, das nach Cinnamon und Vanilla schmeckt … Er hat ja eine eigene Sliding-Technik entwickelt, die dann - typisch amerikanisch - marketingmässig ausgeschlachtet wurde, ist ein Jazz, der mir nicht sehr nahe geht, nach einem Stück hab ich’s gehört.


 

MUHAMMED MUSAVI:

IRAN ("Musique Traditionelle Iranienne", Auszug. M. Musavi, ney. Privat-CD).

MZ: Ich liebe diese Musik - und schön gemacht dieses Call und Response mit den zwei Klang- und Tonebenen auf dem selben Instrument. Die persische Nai - sie gehört zur Hochkultur der Flöte und ältesten Flötentradition überhaupt - wird ja ganz anders gespielt als etwa in der Türkei und im arabischen Raum, vielfältiger und virtuoser.


SAM RIVERS QUARTET:

WHERE TO GO ("Purple Violets", rec.2004, Auszug. S. Rivers, fl, b, Bryan Carrott, vib, Ben Street, b, Kresten Osgood, dr. Stunt Records-CD).

MZ: Was mir hier gefällt, ist das Direkte, Stimmhafte, es ist kein ausgebildeter Flötist, aber er nimmt das Instrument und legt die ganze Expressivität in den Atemstrom, Finger sind Nebensache; ich liebe diese direkt Geste, das freie Spiel …


FRANCISKA BAUMANN:

MICRO TONE ("Vocal Suite", rec. 1996, Auszug. F. Baumann, voice, fl, electr. UNIT-CD).

Matthias ZieglerMZ: Klingt nach processed flute … JA: Vielleicht interessant, dass diese komplexe Musik von ein und derselben Person gespielt wird.  MZ: Es ist höchst spannend, hat einen Zug drauf und trotzdem eine grosse Variationsbreite und beim Hören einer Szene, wo der Musiker oder die Musikerin unglaublich virtuos und mit glasklaren Figuren spielt, dachte ich, genau so etwas möchte ich in Schaffhausen machen; ich muss Franziska Baumann anrufen und ihr das vorspielen… JA: Ich habe mir natürlich bei der Auswahl etwas gedacht, wenn Du mit ihr schon beim Schaffhauser Jazzfestival auftrittst … MZ: Ist das die Franziska, nein wirklich…! Ich kenne sie natürlich, anscheinend jedoch ihre Musik besser als ihre CDs, und habe mit ihr schon gearbeitet und auch Projekte besprochen und realisiert, zum Beispiel vor drei Jahren das Flimser Projekt "Stimmen und Gezeiten"…, ist ja lustig.


EMMANUEL PAHUD:

1.)  TŌRU TAKEMITSU: THE NIGHT ("Beau Soir", rec. 2003, Auszug. E.P., fl, Mariko Anraku, harp. EMI-CD)

2.)  J. IBERT: FLUTE CONCERTO – 3. SATZ ("Flute Concertos – Emmanuel Pahud", rec. 2002, Auszug. Tonhalle Orchester Zürich, Ltg. David Zinman. EMI-CD).

3.)  VILLA-LOBOS: CHÔRUS NO.2 ("French Connection", rec. 1998, E.P.,fl, Paul Meyer, cl. EMI-CD).

4.)  S. GUBAIDULINA: MUSIC FOR FLUTE, STRINGS AND PERCUSSION – 1994 ("Sofia Gubaidulina", rec. 2001, Auszug, London Symphony Orch., Dir. Mstislav Rostropovich, E.P., fl. EMI-CD).

MZ: 1 ist Takemitsu, ein grossartiger Komponist, der für die Flöte eine ganz eigene Sprache entwickelt hat, mit wiederkehrenden Melodiefragmenten, die immer wieder in anderem Licht kommen – wahnsinnig schön. 2 ist das Ibert-Concerto, ein Klassiker, sehr virtuos gespielt, aber etwas der Oberfläche nach … 3 bringe ich mit Argentinien oder Brasilien in Verbindung, sehr schön gespielt. 4 irritiert mich, weil ich nicht weiss, wer und was das ist. Waren das bei 1 und 2 verschiedene Spieler? JA: Nein, bei allen vier Stücken spielte der Gleiche… MZ: Erstaunlich, wer ist es? Pahud …, in der Kadenz bei Ibert und bei 4  dachte ich an ihn. Ich schätze ihn sehr, ein toller Musiker, bei dem allerdings nicht das Klangliche, sondern die Musik im Vordergrund steht. JA.: Beim nächsten Lucerne Festival "Sommer 2006" ist er neben András Schiff "Artiste Étoile".


 

PAUL HORN:

FULFILLMENT – PSALM 7 / KEPHREN PYRAMID ("Inside The Great Pyramid", rec,. 1966/77, Auszug. Paul Horn, fl. Mushroom Records-2LP.)

MZ: Lacht …, Paul Horn, ich warte nur auf die Pentatonik-Licks … Er ging immer in verschiedene Räume und hat das Gleiche gespielt. Für die damalige Zeit war das natürlich toll, wenn einer rausgeht und den Raum als Gegenüber nimmt. Aber musikalisch ist das langweilig. Ich hatte mal ein Konzert mit ihm und Herbie Mann in Freiburg im Breisgau, wo jeder von uns einzeln auftrat. Als er mal allein spielte, gingen Herbie und ich in den Saal und spielten Echo, wir wollten ihm einen Streich spielen und als er das merkte, hörte er sofort auf, er verstand keinen Spass …


 

JAMES MOODY:

BERKELEY SQUARE ("Young At Heart", rec.1996. J.M., fl, Mulgrew Miller, p, Todd Coolman, b, Billy Drummond, dr. Warner Bros-CD).

MZ: Das Thema des Songs ist wirklich grossartig gespielt, nicht instrumental sondern gesanglich, an der Grenze des Gebrechlichen, was an die Trompetenstimme von Chet Baker erinnert. Und dann die Improvisation, wiederum diese Art überspitzter Flötenphrasierung, die ich etwa von Sam Most kenne. Zudem gibt es keinerlei Interaktion mit dem Begleittrio -ist wirklich nur Hintergrund.


 

NOUVEL ENSEMBLE CONTEMPORAIN:

GEORGES APERGHIS: IN EXTREMIS … - 1998 ("Nouvel Ensemble Contemporain", rec. 2005, Auszug. Dir. Pierre-Alain Monot, Nathalie Dubois, fl. MGB-CD).

MZ: Das ist eine Musik, die mich nicht so gefangen nimmt, aber gut organsiert und toll komponiert. Wer ists? …, Aperghis – ich habe tolle Dinge von ihm gehört, aber mir gefällt von ihm mehr das Theatralische.


 

JAMES NEWTON:

1.)  RED CAR ("Bini", rec. 1977. Trio J. N., fl, Mark Dresser, b, Tylon Barea, dr. Circle Records-LP).

2.)  WAYANG NO. 1 ("Crystal Texts", rec. 1978. Duo J. N., fl, Anthony Davis, p. Moers Music-LP).

3.)  SUSENYOS … ("Axum", rec. 1981. James Newton, fl-solo. ECM-LP).

4.)  THE NESER (wie Nr. 3., J.N., fl-multiplay).

5.)  MR. DOLPHY ("James Newton / Luella", rec. 1983. J.N., fl, & Quintet & String Trio. Gramavision-LP).

Matthias ZieglerMZ: Bei 4 und 5 ist es aber nicht der gleiche Spieler ?, doch …, bei 1 bis 3 habe ich James Newton klar erkannt, aber bei 5 … (nach einer Weile) … doch, jetzt ists klar, wusste nicht, dass er so virtuose Arrangements spielt – grossartig, dieses Solo!. Waren Komposition und Arrangement von ihm? JA: Ja und es hiess "Mr. Dolphy". MZ: Er hat Dolphy natürlich gut gehört, was phantastisch ist. Sehr gern habe ich auch seine abstrakten Soloteile, die Mischung aus Virtuosität und Abstraktion - und diese Ornette-Coleman-artigen, fast folkloristischen Phrasen - und er geht rauf bis in die vierte Oktave und hat eine Kraft, die er auch live bringt, und dann das expressive Ins-Instrument-Singen …, so etwas von Perfektion und Kompaktheit … 4 mit dem Multiplay hat mir nicht so gefallen, was soll das? Aber 3 gefiel mir sehr, diese eigenständig entwickelte, fliessende Spieltechnik; bei ihm ist das wirklich Jazz. Und bei 1 gefiel mir das Archaische – ich liebe das!


 

 

EMMANUEL PAHUD & JACKY TERRASSON:

1.)  DEBUSSY: JIMBO'S LULLABY ("Into The Blue", rec.2001. E. Pahud, fl, J. Terrasson, p, Ali Jackson, b, Sean Smith, dr. EMI-CD)

2.)  RIMSKY-KORSAKOV: VOL DU BOURDON ( wie 1. )

3.)  VIVALDI: ÉTÉ (wie 1. )

4.)  BOLLING: VÉLOCE  (wie 1. )

MZ: 1 ist sauber und effektvoll gespielt, aber keine Linie ist geführt und es ist furchtbar aufgenommen, viel zu präsent …, für mich total langweilig. Wenn ich mich erinnere, wie Pahud den Villa-Lobos und solche Dinge spielt – das hat eine Richtung, aber hier… Und dann der "Hummelflug" …, das muss auf einer tiefer liegenden Spezialpiccolo sein - und der Vivaldi-Verschnitt ... Aber das absolute Maximim ist 1, das ist derartig zickig wie ich eine Flöte wirklich nicht hören mag. 4 wirkt teilweise etwas zu hoch, ist stellenweise schlecht intoniert und es erinnert mich an die Jazz Picnic Suite von Claude Bolling mit Rampal… Wer war das ? JA: 4 war tatsächlich von Bolling und in allen vier Stücken spielte Pahud … MZ: nein…!! Ich kenne ihn gut und schätze ihn sehr, er ist ausserordentlich musikalisch und ein grossartiger Musiker - aber das hier hätte er nicht machen dürfen und zudem ist trotz des jazzigen Begleittrios kein Ton improvisiert und es ist auch kein richtiger Jazz - sorry, lieber Emmanuel. JA: Pahud gibt übrigens in gleicher Besetzung und mit ähnlichem Programm ein Konzert beim nächsten Lucerne Festival.


 

CHEIKA RIMITTI (* ca. 1922 / Algerie):

HIYYA BGHAT ES-SAHRA ("Aux Sources Du Raï", rec. 1994, Auszug. Cheika Rimitti, voice, & Gasba / flute roseau. Institut Du Monde Arabe-CD).

MZ: Ich kann das nicht genau lokalisieren, muss eine Kerbflöte sein. Besonders den Moment, wo die Stimme kommt, finde ich sehr schön, weil Stimme und Flöte die gleiche Intensität haben, zusammenfliessen, wie wenn es das gleiche Material wäre. Gefällt mir sehr! Aber woher ist das, Marokko? JA: …gar nicht so weit weg … (erzählt von der Sängerin). 


 

 

ANTONIO VIVALDI:

1.)  CONCERTO OP. 10, NO.2, ALLEGRO ("Vivaldi", rec. 1990. IL Giardino Armonico, Giovanni Antonini, fl, dir. TELDEC-CD). 

2.)  CONCERTO OP. 10, NO.2, ALLEGRO ("Vivaldi - Flute Concertos", rec. 2005. Australian Chamber Orchestra, Richard Tognetti, dir, Emmanuel Pahud, fl. EMI-CD).

Matthias ZieglerMZ: 1 ist perfekt gespielt aber völlig übersteigert, schade, dass das immer beim gleichen Stück gemacht wird, aber sauber und phantasievoll gespielt und die Flöte ist besser eingebettet als bei 2. Wunderbar bei 2 aber das Fagott – ist ein anderes Gebläse … JA: … und die Flöte steuert bei 2 allerhand zusätzliche Verzierungen bei …

MZ: Beide Beispiele zeigen zudem die Bandbreite, wie verschieden man das spielen kann und erfreulich, dass es das alles nebeneinander gibt. Bei aller Hysterie hat die erste jedoch mehr Farbe und ist wie gesagt verdammt gut gespielt. 2 müsste, vor allem, weil es ornamentiert ist, auch raffinierter sein. Sind das die neuen Vivaldi-Aufnahmen mit Emmanuel und dem Australian Chamber Orchester?


 

 

CHARLES LLOYD:

GUMAN (Sangam", rec. 2004, Auszug. Ch. Lloyd, fl, Zakir Hussain, tbl, voice, perc., Eric Harland, dr, perc, p. ECM-CD).

MZ: Gefällt mir ausserordentlich, ist eigentlich eine sehr perkussive Musik, die mit einem Groove beginnt, der durchgezogen wird und je länger es dauert, desto mehr hört man Harmonien – und die Klänge sind derart sorgfältig ausgewählt, bis hin zu einzelnen Tablaschlägen und Handschlägen auf die gedämpfte tiefe Klaviersaite; und sehr schön der Flötist, seine Freiheit und gleichzeitig das totale Drinsein  - und dann seine Melodik, die quasi die Harmonien der Instrumente evoziert, wobei ich nicht weiss, ob das getunt ist oder sich ergibt … Grossartig die Drei, hervorragend, wer ist das? (JA stellt die neue CD vor). 

Matthias, vielen Dank für Deinen Besuch und die Ausdauer.

Als nächster ANDERS HÖREN-Gast ist der Posaunist Bernhard Bamert angesagt.

© JAZZ 'N' MORE Nr. 3/2006
Fotos: ©Johannes Anders

zurück