Johannes Anders
Musik - Journalist

Buch Jazz und GesellschaftJAZZ UND GESELLSCHAFT -

Sozialgeschichtliche Aspekte des Jazz

 

Das 1990 nach diversen Vorbereitungsjahren gegründete, inzwischen renommierte Jazz-Institut Darmstadt unter seinem initiativen Leiter Dr. Wolfram Knauer veranstaltet regelmässig alle 2 Jahre öffentliche Symposien zum Thema Jazzforschung, die weltweit einzigartig dastehen. Zu diesen Jazzforen reisen Forscher, Autoren, Kritiker und Musiker aus ganz Europa und den USA an, um Meinungen und Erfahrungen auszutauschen. Beim jeweils zeitgleich veranstalteten Festival werden spezielle Aspekte der Musik aus ganz praktischer Sicht beleuchtet.

 Soeben ist unter dem Titel „Jazz und Gesellschaft – Sozialgeschichtliche Aspekte des Jazz“ ein Band erschienen, der sämtliche Referate des im letzten Jahr veranstalteten, 7. Darmstädter Jazzforums enthält. „Der Jazz war immer eine gesellschaftlich relevante Musik“, heisst es in der Einführung, und weiter: „Er hat das 20. Jahrhundert begleitet wie keine andere Musikrichtung, stand für kulturelle Entwicklungen, die auch auf anderen Gebieten von Bedeutung waren: den Wandel vom Euro- zum Amerikazentrismus, die Einführung neuer Medien zur massenkulturellen Verwertung, den Vorrang von Interpretation vor Komposition und individuellem Sound vor klassischem Klangideal. Um die unterschiedlichsten Apsekte der gegenseitigen Einflüsse von Jazzmusik und Gesellschaft, um die Lebensumstände der Musiker in den USA wie in Europa, um musikästhetische Fragen, um den Themenkreis Jazz und Kritik, um eine kritische Bestandsaufnahme soziologischer Forschungen zum Jazz und dergleichen mehr ging es beim 7. Darmstädter Jazzforum“.

Dr. Wolfram KnauerUnter den 12 Referaten finden sich u.a. Themen wie  „Adorno versus Berendt revisited. Was bleibt von der Kontroverse im Merkur 1953?“ von Christian Broecking, Musikwissenschaftler, Kultursoziologe, Radioprogrammleiter und Dozent für Musikjournalismus an der Goethe-Universität in Frankfurt, „Verbaler Impressionismus, wohlmeinende Apologie. Probleme der Jazzkritik“ von Musikwissenschaftler und Buchautor Wolfgang Sandner, Musikredakteur der FAZ; Lewis A. Erenberg, Historiker und Musikprofessor aus den USA,  referierte über „Swing Left. Linke Politik und Bigband-Jazz in der Zeit des New Deal“, George E. Lewis, Musikprofessor, Komponist, Computer-Installationskünstler und weltberühmter Posaunist, thematisierte  „Gittin‘ to know y’all“ – Von improvisierter Musik, vom Treffen der Kulturen und von der „racial imagination“; weiter sprach der Musikpublizist, Musikwissenschaftler und Free-Music-Kontrabassist Peter Niklas Wilson  „Von der sozialen Irrelevanz improvisierter Musik“, und der Musikwissenschaftler, Musikpsychologe, Autor und Jazzsaxophonist Ekkehard Jost, der seine heutige Musik „als kompositorisch gebändigten Free Jazz“ bezeichnet, widmete sich dem Thema „Reflexionen über die Soziologie des Jazz“. ja

 Jazz und Gesellschaft – Sozialgeschichtliche Aspekte des Jazz.  Darmstädter Beiträge zur Jazzforschung Bd.7, herausgegeben von Wolfram Knauer. Wolke Verlag, Hofheim. 304 Seiten, Pb., mit Fotos und umfangreichem Register. ISBN 3-936000-01-8. 19.00 €. 





 

© JAZZ' N' MORE - Nr. 6/2002



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