CECIL TAYLOR

„The Willisau Concert"

(Intakt Records CD 072/2002, RecRec, Zürich)

 

 

Von Johannes Anders

 

Selten war sich die gesamte Jazz-Kritikergilde nach einem Konzert beim Jazz Festival Willisau so einig und gab es derart enthusiastische Berichte und Kritiken wie nach dem 70-minutigen Pianosolo-Rezital des grossen Klavierrevolutionärs und wichtigsten Piano-Avantgardisten der jüngeren Jazzgeschichte beim Willisau-Festival 2000. Einerseits war überraschend, mit welchem Potential an Kraft, Ausdauer und Energie und mit welcher fast magischen Überzeugungskraft der 71-jährige Tastenzauberer nach wie vor seine Botschaft formulieren und auch vermitteln kann, andererseits verblüffte total, welche bisher kaum je bei ihm gehörten Ebenen leisen, ja fast romantisch-impressionistischen Ausdrucks da plötzlich zutage traten. Natürlich gab es wie bei allen, auch grossen, frei improvisierenden MusikerInnen, die sich in ihrem Spiel auf die spontane Eingebung und das erhoffte Mass an Augenblicksinspiration verlassen und damit bewusst ein gestalterisches Risisko eingehen, auch weniger ereignisreiche Sequenzen; und natürlich blieb Cecil Taylor seinen pianistischen Stil-, Form- und Ausdrucksmitteln treu, das heisst, er verwendete die für ihn typischen, energiegeladenen und pulsierenden Clusterfolgen, Akkordläufe und Motivketten. Aber wie er diese gewohnten Spielmodelle mit neuen, dramatisch anmutenden Spannungszentren und Emotionswellen auflud, das war einzigartig und unter die Haut gehend! Ein Ereignis, dass es diese SR DRS2-Live-Aufnahme vom 3.9.2000 - Tonmeister Martin Pearson! - jetzt auf CD gibt.

 © JAZZ 'N' MORE - 1/2002

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