Johannes Anders
Musik - Journalist

F E S T I V A L  R Ü M L I N G E N  2006

"Der Schlag ans Hoftor“

Nachdem das Festival Rümlingen/BL im letzten Jahr in 50 Übersee-Containern auf der Hochebene bei Wittinsburg stattgefunden hat und beinahe in sintflutartigem Regen ertrunken wäre, besinnt sich das Festival in diesem Jahr wieder auf seine Ursprünge,  um gleichzeitig vorwärts ins Neuland zu gehen: Unter dem Titel „Der Schlag ans Hoftor“ steht anlässlich der siebzehnten Auflage des Festivals am 9. und 10. September 2006 Kammermusik in der Dorfkirche Rümlingen im Zentrum.   

Eine "Traum-Elf für Neue Musik

Ein besonderes Kammerensemble aus elf Musikern mit unterschiedlichem Erfahrungshintergrund – unter ihnen die über ein Vierteljahrundert dem Arditti-Quartett angehörende Cello-Autorität Rohan de Saram – trifft in dieser Besetzung zum ersten Mal in Rümlingen zusammen, um Auftragswerke des internationalen Festivals zur Uraufführung zu bringen. Zudem erklingt am Sonntagnachmittag an verschiedenen Stellen Rümlingens unerwartet experimentelle Musik für einen Gang durchs Dorf – u.a. mit Ruedi Häusermann, Jürg Kienberger und Clemens Sienknecht.

Das Rümlinger Kammerensemble bringt Auftragswerke des Festivals, u.a. Kompositionen von Hans Wüthrich und Josh Levine, zur Uraufführung. Die Musiker bringen ihre jeweilige Geschichte und Spielkultur mit in dieses „Elftett“ aus Holz- und Blechbläsern, Streichern, Schlagzeug, Klavier und Akkordeon. In weiteren Konzerten spalten sie sich in kleinere Gruppen auf. So spielt etwa der Cellist Rohan de Saram im Nachtkonzert Improvisationen mit einem indischen Trio. Als Uraufführungen erklingen außerdem Stücke von Martin Smolka, Thomas Kessler und Jürg Wyttenbach für Solo- und Duobesetzungen. Von Chaya Czernowin stammt die Komposition „Die Kreuzung“ für Akkordeon, Altsaxophon und Kontrabass nach Franz Kafka, die Teodoro Anzellotti, Lars Mlekusch und Aleksander Gabrys spielen werden.

"Der Schlag ans Hoftor" – der gleichnamigen Erzählung von Franz Kafka entliehen, ist gleichzeitig ein Schlag von innen und aussen: Das „Innen“ der Zeitgenössischen Kammermusik öffnet sein schweres Hoftor und konfrontiert sich mit dem „Aussen“: mit  „fremder“ aussereuropäischer Musik, mit Einflüssen nativer Musik aus Indien und Brasilien und gleichzeitig mit den örtlichen Gegebenheiten des Dorfes Rümlingen: Die Musik verlässt den geschützten Rahmen der Konzertkirche und setzt sich mit den Gebäuden des (halb)öffentlichen Lebens im Dorf auseinander: Bahnhof, Schulhaus, Wirtshaus, Fabrik etc. beherbergen musiktheatralische Werke, die speziell für diese Orte entstehen. Für die Mitwirkenden des Festivals gehört die Welt der Neuen Musik zum Alltag – für Aussenstehende bleibt sie oft fremd, „aussen“: In diesem Sinne laden wir Bewohner der nahen und fernen Umgebung von Rümlingen ein, von „aussen“ ans Hoftor bzw. Kirchentor zu klopfen (im übetragenen Sinn!) – und das für sie „Fremde“ der Neuen Musik für sich zu entdecken. - Rümlingen, das kleine Dorf im Schweizer Kanton Baselland ist seit 1990 alljährlich klangsinnliches Labor, experimentelle Bühne, Ort für zeitgenössische Musik, Musiktheater und Installationen und für Diskussionen: Musiker, Komponisten, Weitgereiste, Einheimische, Künstler und Laien treffen aufeinander. Die Programme konfrontieren Kunst und Gesellschaft, Experiment und Natur:

Neue Musik und Musiktheater von Chaya Czernowin, Hägler + Häusermann + Läng + Reichmuth + Schütz (UA), Jean-Luc Hervé (UA), Hiroyuki Itoh (UA), Thomas Kessler (UA), Jürg Kienberger (UA), Zoltán Kodály, Leos Janácek, Mischa Käser (UA), Alfred Knüsel, György Kurtág, Josh Levine (UA), Rajesh Mehta (UA), Silvia Ocougne (SE), Martin Smolka (UA), Erwin Stache (SE), Hans Wüthrich (UA), Jürg Wyttenbach (UA), Walter Zimmermann (SE)

.UA = Uraufführung, SE = Schweizer Erstaufführung

Mitwirkende: Teodoro Anzellotti (Akkordeon), Annette Bik (Violine), Daniel Buess (Schlagzeug), Aleksander Gabrys (Kontrabass), Marisa Godoy (Tanz), Martin Hägler (Schlagzeug), Ruedi Häusermann (Klarinette), Livia Huber (Vorleserin), Philip Läng (Objekte), Lars Mlekusch (Saxophon), Philippe Racine (Flöte), Ernesto Molinari (Klarinette), Daniel Ott (Klavier), Dimitrios Polisoídis (Viola), Jayachandra Rao (Percussion), Giuseppe Reichmuth (Objekte) Peter Rundel (Dirigent), Rohan de Saram (Violoncello), Martin Schütz (El’ Violoncello), Benny Sluchin (Posaune), Clemens Sienknecht (Tasteninstrumente), Marcus Weiss (Saxophon), Sylwia Zytynska (Schlagzeug), Schüler/innen der Sekundarschule Rümlingen u.a.

Programmänderungen vorbehalten

www.neue-musik-ruemelingen.ch








Fotos: © Wo nicht anders bezeichnet by Festival Rümlingen

                   



zurück